Zwischen Pixel und Profit: Ausbeutung in der Gaming-Industrie 

Baldur’s Gate 3, Red Dead Redemption 2, The Last of Us –  Spiele, die Millionen von Gamer:innen tagtäglich viele unterhaltsame Stunden bescheren. Gerade nach einem stressigen Tag ist es manchmal einfach angenehm den Computer einzuschalten, in eine andere Welt abzutauchen und den Alltag hinter sich zu lassen, wenn auch nur für einen kurzen Moment.  

Kein Wunder also, dass die Spieleentwicklung für viele Menschen ein Traumberuf ist. Umgeben von Gleichgesinnten haben Entwickler:innen die Möglichkeit, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Kein Grund sich zu beschweren, oder? 

Leider neigen Menschen, die eine starke Leidenschaft für ihren Beruf haben, manchmal dazu, übermäßig viel Zeit und Energie in ihre Arbeit zu investieren, ohne angemessen dafür entlohnt oder anerkannt zu werden. So kommt es, dass sich hinter den glänzenden Fassaden der erfolgreichsten Spielestudios eine düstere Realität verbirgt, die oft übersehen wird: niedrige Löhne, extreme Arbeitszeiten und ein unerbittlicher psychischer Druck, immer schneller neue Inhalte zu liefern.

Überstunden in der Gaming-Industrie sind mittlerweile, besonders bei größeren Studios,  zur Norm geworden. Inzwischen gibt es sogar eine eigene Bezeichnung für diesen Missstand: Crunch. Sogenannte “Crunch-Zeiten” sind Perioden intensiver Arbeitsbelastung, die oft unmittelbar vor der Fertigstellung eines Spiels auftreten. Während des Crunch-Zeitraums, der mehrere Monate lang ununterbrochen andauern kann, arbeiten die Entwickler:innen lange Stunden, einschließlich Überstunden und Wochenenden, um Fristen einzuhalten und das Spiel rechtzeitig fertigzustellen. In diesen Crunch-Zeiten sind 80- oder sogar 100-Stunden-Wochen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. “Das hält niemand lange aus”, berichtet eine Branchen-Insiderin der Zeit Online.  “Nach zwölf Stunden Arbeit ist dein Körper am Ende. Du gehst früh zur Arbeit, trinkst viel Kaffee um dich wach zu halten. Irgendwann gehst du nach Hause, schläfst direkt ein und in fünf Stunden geht schon wieder der Wecker. Und das geht so wochenlang.” Ein anderer Entwickler erzählt dem Tagesspiegel von Mitarbeiter:innen, die sogar mit Schlafsäcken ins Büro kamen, um dort zu übernachten. Freizeit? Fehlanzeige! 
Eine Umfrage der International Game Developers Association (IGDA) von 2024 zeigt, dass für rund ein Drittel der Entwickler:innen Crunch-Zeiten üblich sind. Wobei weitere 25% der Befragten sagten, dass ihre Arbeit zwar lange Arbeitszeiten, erweiterte Arbeitsstunden oder Überstunden erforderte, sie dies aber nicht – zumindest nicht offiziell – als Crunch Time bezeichneten. Aber warum sind exzessive Überstunden in der Spieleindustrie scheinbar so unvermeidbar?

Crunch ist in der Gaming-Industrie weit verbreitet und betrifft sowohl große AAA-Studios als auch kleinere unabhängige Entwickler. Natürlich gibt es ähnliche Probleme auch in anderen kreativen Bereichen, aber es gibt mehrere Gründe warum vor allem die Gaming-Branche dazu neigt, ihre Mitarbeiter:innen zu überarbeiten. Zum einen werden zu viele Fehler in der Planung gemacht. Die Entwicklung von Videospielen kann extrem komplex sein, insbesondere bei High-End-Titeln mit aufwändigen Grafiken, komplexen Spielmechaniken und umfangreichen Storylines. Zudem können immer wieder unerwartete Probleme auftreten, die schnell behoben werden müssen.

Doch die Verschiebung eines Veröffentlichungstermins ist kritisch, da die Platzierung des Spiels von großer Bedeutung ist. Wenn das Spiel nicht rechtzeitig fertig ist, kann dies große finanzielle Herausforderungen für das Team bedeuten, da Einnahmen erst durch den Verkauf generiert werden. Terminverschiebungen sind aber auch für Publisher problematisch, die bereits in das Spiel investiert haben. Das erhöht natürlich den Druck auf die Entwickler:innen, den geplanten Termin einzuhalten. In einigen Unternehmen herrscht sogar eine regelrechte Kultur des “Crunchens”, bei der lange Arbeitszeiten als Normalität betrachtet werden. Doch auch wenn dieser Druck für viele dazu gehört, führen diese Arbeitsbedingungen mit der Zeit nicht nur zu einer erheblichen Belastung der Mitarbeiter, sondern können auch zu Gesundheitsproblemen, Burnout und einer Abnahme der Arbeitsqualität.Trotz alledem und der Tatsache, dass der weltweite Markt für Videospiele im Jahr 2024 etwa 261,80 Milliarden Euro an Umsatz erreichen soll, werden Überstunden oft nicht angemessen vergütet – wenn überhaupt.

Es ist schwierig aus dieser Crunch-Kultur herauszukommen. In einem Interview mit Radio FM4 erklärt Dietmar Hauser, ein selbstständiger Spieleentwickler aus Österreich, dass es entscheidend ist, dass Betroffene nicht allein bleiben, sondern sich Unterstützung innerhalb des Unternehmens suchen, vielleicht sogar den Mut aufbringen, die Verantwortlichen direkt anzusprechen. Als letzte Option bleibt dann immer noch die Möglichkeit einer Kündigung und unter Umständen der Gang an die Öffentlichkeit. 

Ob allein die öffentliche Bloßstellung von Fällen wie Überarbeitung, Missbrauch und Arbeitsunzufriedenheit in der Spielebranche tatsächlich nachhaltige Veränderungen bewirken kann, bleibt fraglich. Oft geraten solche Themen nach einer gewissen Zeit wieder in den Hintergrund, oder die Täter behaupten hartnäckig, dass alle Anschuldigungen längst ausgeräumt seien und die Probleme nicht mehr existieren würden. 

Letztendlich könnte auch die gesamte Gaming-Community, einen Anreiz für Unternehmen schaffen, ihre Arbeitspraktiken zu verbessern und den Druck auf ihre Entwickler zu verringern. Wenn die Gaming-Community bewusst Spiele bevorzugt, die ohne Crunch entwickelt wurden, sendet sie eine klare Botschaft an die Industrie, dass sie ethische Standards und das Wohlergehen der Entwickler unterstützt. Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen, um die Gunst der Spieler zu gewinnen, ihre Prioritäten ändern und sich stärker für eine gesunde Arbeitsumgebung einsetzen. Ob das realistisch ist, sei dahingestellt. 

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