Seit Mai unterrichte ich Deutsch als Fremdsprache bei Hope for the Future. Nebenbei studiere ich an einer Hochschule Soziale Arbeit und Pädagogik. 2015 absolvierte ich in Wien die Deutsch-TrainerInnen-Ausbildung und unterstütze somit Menschen in verschiedenen Randgruppen. Unsere Zielgruppe sind Personen, die von der Zwangsprostitution und Menschenhandel betroffen sind. Derzeit unterrichte ich eine Anfänger- und eine Fortgeschrittenen-Gruppe. Am Unterricht nehmen täglich zirka 3-9 BesucherInnen teil. In unserem Verein geht es nicht nur darum, der Zielgruppe Stabilität zu geben, sondern auch Deutsch zu erlernen. Eine gängige Methode ist es, gemeinsam mit der Gruppe Plakate zu erstellen, um ein besseres Verständnis für die Sprache zu bekommen. Diverse andere Methoden erleichtern das Lehren und Lernen. Bei unserer Unterstützung achten wir darauf, neue und alte Ressourcen zu stärken. Insgesamt sind wir drei Deutschtrainerinnen, die gegenseitig neue Methoden und Wege finden.
DER AUSSTIEG AUS DER LEBENSHÖLLE
Unsere TeilnehmerInnen sind Menschen, die den Ausstieg aus der sexuellen Ausbeutung oder aus dem Menschenhandel schaffen wollen, oder bereits geschafft haben. Es sind überwiegend Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel sind. Erfahrungsmäßig sind die Betroffenen schwer traumatisiert. Um dem entgegenzuwirken, bedarf es einerseits viel Geduld und anderseits das nötige Feingefühl. Schwierigkeiten bei traumatisierten KlientInnen können unter anderem sein, dass sie öfters zu spät kommen, nicht zuhören können, sich nicht konzentrieren können oder öfters müde sind. Unser Ziel ist es, den Traumata entgegenzuwirken, indem wir aufmerksam zuhören und durch die erlernte Sprache das Selbstbewusstsein stärken. Zwangsprostitution ist ein schweres Verbrechen. Schätzungen zu Folge sind 45 Millionen Menschen von Zwangsprostitution oder Menschenhandel betroffen. Durch ihre Geschichte und Lebenserfahrungen haben die meisten Existenzängste, weil sie oft nicht wissen, wie es weiter geht, nachdem sie ausgestiegen sind. Das ist oft der Grund, warum es manchmal an Mut fehlt, aus diesem Abhängigkeitsverhältnis auszubrechen. Jetzt gilt es hier anzusetzen, um diese Menschen zu unterstützen. Durch die Täuschung und den Missbrauch, den diese Menschen erlebt haben, ist es oft schwer, Vertrauen aufzubauen.
NEUE WEGE ZUSAMMEN SCHAFFEN
Um ein gutes Verhältnis zu erschaffen, braucht es soziale Kompetenz und Verständnis. Nach und nach gewinnt man vorsichtig das Vertrauen dieser Menschen. Dadurch, dass sie nicht alleine sind, ist das Erlernen einer neuen Sprache einfacher. Besonders das Lernen von neuen Wörtern macht den TeilnehmerInnen sehr viel Spaß. Oft sehe ich ein Funkeln in den Augen, weil sie froh sind, wieder etwas dazu gelernt zu haben. Nun hoffe ich, dass Sie jetzt verstehen, warum ich gerne unterrichte. Manchmal gibt es Unannehmlichkeiten, die selbst für unser geschultes Team eine Herausforderung sind. Wenn man allerdings ein gemeinsames Ziel anpeilt, ist der Weg bis zum neuen Lebensabschnitt der KlientInnen einfacher. Es gilt auch, die KursteilnehmerInnen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Um dies zu erreichen, ist das Erlernen der deutschen Sprache unumgänglich. Man möchte für seine Zukunft eine Perspektive der Unabhängigkeit schaffen und sich ein Einkommen sichern. Daher bietet Hope for the Future eine tragfähige Perspektive und eine solide Unterstützung für die AussteigerInnen. Durch das Arbeitsintegrationstraining wird eine Tagesstruktur vermittelt und soziale Kompetenzen gestärkt. Ein Arbeitsintegrationstraining unterstützt nicht nur die Belastbarkeit, sondern auch Flexibilität.
UNTERRICHT BEGINNT IM HERZEN
Das schönste an meiner Tätigkeit als Deutsch-Trainerin ist, wenn gelernte Wörter in einem Gespräch mit mir wiedergegeben werden. Nicht selten haben unsere KlientInnen einige Vorkenntnisse der deutschen Sprache erlernt. Oft ist das Ausbessern der falsch angelernten Sprache eine Schwierigkeit. Unter den TeilnehmerInnen entstehen oft Freundschaften. Man trifft sich und lernt gemeinsam für die anstehenden Prüfungen. Selbst dies kann für die KlientInnen fördernd und motivierend sein. Auch während der Corona-Krise unterstützen wir unsere TeilnehmerInnen. Per Zoom unterrichten meine Kolleginnen und ich die Zielgruppe. Via Internet, Bücher, Plakate, Zeitschriften oder Videos erlernen die BesucherInnen neue Formen des Lernens. Hierbei geht es darum, die Gruppen nachhaltig zu fördern. Der Sprachunterricht fördert nicht nur die Selbstsicherheit der TeilnehmerInnen, sondern auch ein Bewusstsein dafür, dass Sprache wichtig ist.
SOCIAL-WORK FÜR UNSERE BESUCHER
Mit den SozialarbeiterInnen von unserer Partnerorganisation Herzwerk haben wir eine besondere Verbindung. Durch das geschulte Team besteht eine Tragfähigkeit, die einzigartig ist. Man versteht sich untereinander gut und schafft damit wichtige Strukturen für unsere Bereiche. Durch unsere und Ihre Unterstützung schenken wir diesen Menschen neuen Lebensmut. Jeder Mensch hat es verdient in Würde und ohne Angst leben zu können. Die Deutschkurse sind für unsere BesucherInnen kostenlos. Wir sind der Meinung, dass die Würde des Menschen, egal aus welcher Herkunft, unantastbar ist.