Wenn man an Menschenhändler denkt, kommt einem oft klischeehaft ein Bild eines Zuhälters in den Sinn. Weiß, männlich, mittleren Alters mit großen Goldketten. Doch was wissen wir wirklich über die Charakteristik von Menschenhändlern und deren Motivation andere Menschen auszubeuten?
ZU SELTEN GESTELLTE FRAGEN
Wenn man Online nach einer Definition für Menschenhändler sucht, wird man nicht schnell fündig. Der Fokus liegt meist auf der kriminellen Tat selbst, dem Menschenhandel; den verschiedenen Arten und den Opfern. Auf zahlreichen Regierungsseiten werden Reihenweise „Task Forces“ präsentiert, wie man gegen die Verbrechen der modernen Versklavung vorgeht. Doch kaum ein Wort wird berichtet über die Täter. Für ein weltweit offensichtliches Problem ist überraschend wenig über Menschenhändler bekannt. Diejenigen, die die Ausbeutung einzelner Menschen ermöglichen oder daran teilnehmen. Wie kommen Menschen dazu diese Verbrechen zu begehen? Was sind ihre jeweiligen Rollen in den Netzwerken und die Beziehungen zu anderen Kriminellen und Opfern? Was ist die Arbeitsweise eines Menschenhändlers?
Die UN.GIFT Initiative gegen Menschenhandel elaboriert, dass Daten und Informationen darüber dazu beitragen, tatsächliche Menschenhändler zu identifizieren und zu stoppen; strafrechtliche Verfolgungen zu erleichtern und potenzielle Menschenhändler daran hindern könnten, dies zu werden. Dies unterzeichnet wie wichtig es ist, das Profil und die Motivation dieser Kriminellen zu verstehen.
„JEDER, DER SICH WISSENTLICH BETEILIGT“
Die Internationale Organisation für Migration, kurz IOM, erklärt: „Als Menschenhändler gilt, wer wissentlich zum Menschenhandel beiträgt, um ein Opfer auszubeuten; dazu gehören Anwerber, Vermittler, Transportunternehmen, Dokumentenfälscher, korrupte Beamte und Arbeitgeber“.
Dabei wird auch zwischen „Ausbeuter“ und sogenannten „Enabler“ (engl. für Ermöglicher) unterschieden. Beide kommen von einem breiten Spektrum an kriminellen Einzeltätern, Banden, aber auch Unternehmen. Ausbeuter organisieren und profitieren von dem Menschenhandel. Dabei verlassen sie sich auf „Enabler“, um ihre Geschäfte zu tätigen – sowohl legale als auch illegale – die Ausbeutern Waren und Dienstleistungen anbieten, die den Menschenhandel überhaupt ermöglichen und rentabel machen.
Dabei muss man verstehen, dass das Verbrechen des Menschenhandels nicht eine Einzeltat, sondern ein Prozess ist, bei dem mehrere Menschen beteiligt sind. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE) beschreibt diesen in drei Phasen: Rekrutierung/Entführung, Transport und Ausbeutung.
Diejenigen, die Menschen rekrutieren, aber auch entführen, gehören oft der gleichen ethnischen Gruppe an und sprechen die gleiche Sprache. So locken sie ihre Opfer durch Freundschaft und Versprechen auf ein besseres Leben. Dann sind Transporteure notwendig, um die Opfer an den gewünschten Ort zu bringen. Dies kann innerhalb als auch außerhalb der Landesgrenze passieren. Um dies zu ermöglichen, braucht es Dokumente. Profis fälschen diese, um den Betroffenen neue Namen zuzuweisen. Manchmal werden die Kriminellen auch von korrupten Beamten in verschiedenen Einheiten der Strafverfolgung oder Regierung unterstützt. Letztendlich, kommt es zum „Arbeitsgeber“, den wahren Ausbeutern, die meist für unangemessene Lebensbedingungen sorgen und die verschleppten Menschen in unterschiedlichen Betrieben ausbeuten.
DES TÄTERS PROFILS
Die Mehrzahl der Menschenhändler ist männlich. Jedoch weist der Menschenhandel, im Vergleich zu anderen organisierten Verbrechen, einen hohen Anteil an weiblichen Straftätern auf. Das EU-Parlament hat festgestellt, dass die Rate weiblicher Menschenhändler innerhalb der EU bis zu 30% beträgt. Ein Bericht der UNODC legt nahe, dass die Bedeutung des Vertrauens zwischen Menschenhändler und Opfern teilweise der Grund für die höhere Rate an weiblichen Straftätern im Menschenhandel als bei anderen Verbrechen sein könnte.
Leider können vor allem weibliche Opfer des Menschenhandels manchmal auch selbst zu Menschenhändlerinnen werden. Für einige ist dies das Einzige, was sie tun können, um Geld zu verdienen. Andere werden von ihren Ausbeutern gezwungen, Menschenhändler zu werden. Dadurch wollen sie ihre Opfer mitschuldig machen, damit die Strafverfolgung komplizierter wird.
Die Bandbreite des Bildungsniveaus und des sozialen Status von Menschenhändlern ist groß. Während einige keine Schulausbildung haben und arbeitslos sind, haben andere einen Hochschulabschluss. Menschenhändler sind in einer Vielzahl von Berufen beschäftigt, darunter Strafverfolgung, Medizin, Recht und Tourismus. Ihr professioneller Hintergrund stärkt ihre Fähigkeit, bei ihren Opfern Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu schaffen.
MOTIVE DES ILLEGALEN HANDELS
Der Menschenhandel ist das zweitgrößte kriminelle Geschäft weltweit und bring Ausbeutern jährlich mehr als 150 Milliarden US-Dollar. Mit den hohen Gewinnchancen und relativ geringem Risiko (da sich die Verfolgung als äußerst schwierig entpuppt) ist der Handel und die Ausbeutung von Menschen stetig gewachsen. Die Gewinne aus dem Menschenhandel haben sich allein in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht.
Auf der anderen Seite kann auch Armut Menschen dazu bringen, mit ihren eigenen Familienmitgliedern zu handeln. In Südasien etwa handeln eine Mehrzahl der Menschenhändler aus Rekrutierungen die von Familien kommen. Dabei werden am häufigsten Cousins, Schwestern und Töchter verkauft.
Solang die Risiken für den illegalen Handel nicht erhöht werden, und Kriminelle zur Rechenschaft gezogen werden, bleibt dank der stetigen Nachfrage an billigen Arbeitskräften, aber auch der Sexindustrie, der Menschenhandel weiterhin ein lukratives Geschäft für Ausbeuter und Enabler.