Jeder trägt sie, jeder braucht sie: Schuhe. Egal ob Stiefel, Sandalen, High Heels oder Sneaker – ohne sie kommt man meist nicht weit. Sie sind nicht nur ein notwendiger Schutz für unsere Füße, sondern für Viele auch Ausdruck von Stil und Persönlichkeit. Kein Wunder also, dass jährlich über 24 Milliarden Schuhe produziert werden, ein Großteil davon in Asien. Doch die meisten von uns wissen wenig über die miserablen Arbeitsbedingungen, unter denen diese Schuhe hergestellt werden: Niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten und hohe Gesundheitsrisiken.
Niedrige Löhne, hohe Belastung
Ein gravierendes Problem in Ländern, in denen Schuhe produziert werden, sind unter anderem die extrem niedrigen Löhne. Selbst der gesetzliche Mindestlohn reicht nicht aus, um den Arbeiter:innen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. In den Schuhfabriken wird sechs Tage die Woche, jeweils acht Stunden lang gearbeitet – und das für einen Monatslohn von umgerechnet gerade einmal 70 Euro. Hinzu kommt, dass oft informelle Beschäftigungsverhältnisse (z.B. Heimarbeit) vorherrschen, damit Arbeitgeber:innen ihre Produktionskosten weiter senken können. Die Arbeiter:innen in solchen Verhältnissen erhalten nicht nur niedrige Löhne, sondern es werden auch keine Sozialabgaben gezahlt. Zudem müssen sie selbst für diverse Nebenkosten wie Miete, Strom und Maschinen aufkommen
Besonders betroffen sind Frauen im südlichen Indien, die in Heimarbeit Schuhe zusammennähen. Sie arbeiten oft allein oder gemeinsam mit ihren Kindern. Für jedes fertige Paar Schuhe erhalten sie maximal 20 Cent, wobei eine Näherin pro Tag etwa zehn Paar schafft. Um das noch einmal zu verdeutlichen: Eine Näherin muss einen ganzen Tag lang schuften, um umgerechnet etwa 2 Euro zu verdienen.
Gefährliche Arbeitsbedingungen
Noch schlimmer sind die Zustände in den zahlreichen Gerbereien. Rohleder ist schwer, Schutzmaßnahmen gibt es selten, Unfälle stehen somit an der Tagesordnung. Der Großteil des Leders (85%) wird zudem mit Chromsalzen gegerbt, da diese Methode das Leder schnell und kostengünstig haltbar macht. Beim Gerben kann jedoch die Chemikalie Chrom VI entstehen. Das hat fatale Folgen, denn Chrom VI ist hochgiftig, krebserregend und kann leicht durch die Haut aufgenommen werden. Da die Arbeiter:innen in den Gerbereien häufig ohne Schutzbekleidung arbeiten und meist sogar barfuß durch die ätzende Flüssigkeit waten, kommen sie tagtäglich mit den Chemikalien in Kontakt. Die Folge? Rund 40 Prozent der Gerbereiarbeiter:innen leiden an Hautkrankheiten wie Ausschlägen, Entzündungen und Geschwüren, sowie an Asthma und anderen gesundheitlichen Problemen. Besonders tragisch ist, dass nicht selten Kinder für diese gefährliche Arbeit eingesetzt werden.
Auch in den Schuhfabriken sind Gesundheitsprobleme weit verbreitet, da die Arbeiter:innen hier ebenfalls gefährlichen Chemikalien ausgesetzt sind. Giftige Klebstoffe und Reinigungsmittel, die Benzol, Dichlorethan und Hexan enthalten, können bereits durch kleine Schnittwunden leicht in die Blutbahn gelangen und zu schweren Vergiftungen führen. Schutzkleidung ist auch hier meist nicht vorhanden. Zudem setzt das sogenannte “Vulkanisieren” von Latex für Gummi giftige Dämpfe frei, die Schwindel, Hustenattacken und Übelkeit verursachen können. Atemwegsprobleme, Asthma, Rücken- und Sehprobleme sind auch keine Seltenheit in diesen Arbeitsumgebungen.
“Made in Europe” – automatisch besser?
Auch wenn es für viele Menschen unvorstellbar sein mag, treten zum Teil die gleichen systematischen Probleme auch in Ländern innerhalb Europas auf. Eine Untersuchung des internationalen NGO-Netzwerks Change Your Shoes (2015/2016) verdeutlichte dies eindrucksvoll. In sechs Ländern (Polen, Rumänien, Slowakei, Albanien, Mazedonien sowie Bosnien-Herzegowina) wurden rund 179 Interviews mit Arbeiter:innen geführt, die für bekannte Marken Schuhe herstellen. Die Recherche zeigte, dass „Made in Europe“ nicht automatisch bessere Produktionsbedingungen bedeutet als in asiatischen Ländern.
Niedrige Löhne, unbezahlte Überstunden und mangelnde Arbeitssicherheit sind auch in Europa weit verbreitet. Viele der Befragten werden, ähnlich wie in Asien, nach Stückzahl statt Stunden bezahlt. Dies führt dazu, dass die Arbeiter:innen unter enormem zeitlichen Druck stehen. Um produktiver zu sein und somit mehr zu verdienen, arbeiten sie oft ohne Sicherheitshandschuhe, was sie einem höheren Verletzungsrisiko aussetzt. Unbezahlte Überstunden sind an der Tagesordnung, ebenso wie der Einsatz giftiger Chemikalien beim Ledergerben und in der Schuhproduktion.
Die gesundheitlichen Folgen sind gravierend. Viele Arbeiter:innen klagen über Kopfschmerzen, Allergien, Hautprobleme, Bronchitis und andere Lungenprobleme. Es zeigt sich, dass die Probleme der Schuh- und Lederindustrie systematisch und global sind. Es besteht die dringende Notwendigkeit für internationale Standards und strengere Kontrollen, um die Arbeitsbedingungen weltweit zu verbessern und die Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter:innen weltweit zu schützen.
Alternativen – Was kann ich als Konsument tun?
Aber was kann ich als Verbraucher an meinem eigenen Konsumverhalten ändern? Der “Konsument” gibt folgende Tipps, die man beim Schuhkauf beachten sollte:
1.) Chromfreie Schuhe: Vermeide Chrom-haltige Schuhe und entscheide dich stattdessen für Schuhe, die mit rein pflanzlichen Gerbstoffen gegerbt wurden. Sie finden pflanzlich gegerbtes Leder unter Bezeichnungen wie altgegerbtes, lohgegerbtes, pflanzlich oder vegetabil gegerbtes Leder.
2.) Heimische Hersteller: Kaufen Sie Schuhe von heimischen Herstellern, wie z.B. GEA, Hartjes und Think! Shoes.
3.) Nachhaltige Schuhe: Zudem gibt es viele Anbieter, die sich auf nachhaltige Schuhe spezialisiert haben. Die Website “Nachhaltiger Konsum” des Lebensministeriums listet z.B. zahlreiche Gütezeichen für nachhaltige Schuhe auf. Auch vegane Schuhe, die ganz ohne Leder hergestellt werden, werden immer populärer.
4.) Spontankäufe vermeiden: Reduzieren Sie Ihre Schuhkäufe und investieren Sie lieber in hochwertige, reparierbare Schuhe anstatt in billige Modelle.
5.) Nicht blind vertrauen: Stellen Sie Fragen zur Herstellung der Schuhe, um bewusste Kaufentscheidungen zu treffen.
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