Auch wenn ihre Bezeichnung harmlos klingt, sogenannte Loverboys können die Leben junger Menschen zerstören. Es handelt sich um Männer, die zu minderjährigen Schülerinnen Kontakt aufnehmen und ihnen die große Liebe vorspielen. Nach und nach machen sie die Jugendlichen emotional abhängig und treiben sie letztendlich in die Prostitution. Wenn pubertierende Mädchen plötzlich ihren Kleidungsstil verändern, viel Make-Up tragen und sich von ihrem sozialen Umfeld entfremden, dann sollten Eltern genauer hinsehen. Deutschen Behörden ist bekannt, dass nicht nur Migrantinnen anhand der Loverboy-Methode ausgebeutet werden, sondern auch einheimische Schulmädchen zu Opfern werden.
IM INTERNET GEKÖDERT
Wenn Mädchen in die Pubertät kommen, ,begleitet von Selbstzweifel und Unsicherheit, beginnt für sie meist eine schwierige Zeit. Sie sind unerfahren in Liebesbeziehungen und Sexualität. All dies wissen die sogenannten Loverboys auszunutzen. Mit Loverboys sind gutaussehende junge Männer gemeint, deren Ziel es ist, mit einer verletzlichen Personengruppe Profit zu machen. Sie schreiben weibliche Teenager auf Facebook, Instagram oder anderen sozialen Netzwerken an und versuchen, ihr Vertrauen zu gewinnen. Neben dem Internet sind auch Schulhof oder Fastfood-Restaurant potentielle Orte der Kontaktaufnahme. Um die Herzen der Mädchen zu erobern, präsentieren sich die Loverboys anfangs einfühlsam und verständnisvoll. Der Traumprinz hat immer ein offenes Ohr für die alltäglichen Probleme, ob Schulnoten oder Streit mit den Eltern.
LIEBE WIE IM DISNEYFILM
Lange bleibt es nicht bei dieser platonischen Internetbeziehung. Die Männer animieren das Mädchen ihrer Wahl zu einem persönlichen Treffen. Sie sagen ihm, wie schön es ist und schenken ihm äußerst viel Aufmerksamkeit, welche es oft von Familie und Freunden nicht bekommt. Natürlich verlieben sich die Schülerinnen in diese meist um einiges älteren, attraktiven Männer. Mulmige Gefühle werden ignoriert und die Skepsis der Freundinnen wird als Neid interpretiert. Erst sorgen die Loverboys dafür, dass das auserwählte Mädchen ihnen blind vertraut und in ein Abhängigkeitsverhältnis gerät. Die Isolation gegenüber FreundInnen und Familienmitgliedern ist eine wichtige Voraussetzung für die emotionale Abhängigkeit. Loverboys sind Meister der Gehirnwäsche.
„LIEBST DU MICH, DANN…“
Die Masche ist immer ähnlich. Als nächstes wird über finanzielle Engpässe geklagt. Der Loverboy bittet das Mädchen um Hilfe. Durch gezielte Manipulation und emotionale Erpressung („Wenn du mich wirklich liebst, dann tust du das für mich“, „Denk daran, was ich schon alles für dich getan habe“) werden die Minderjährigen von ihren Loverboys zum Sex mit fremden Männern gegen Geld gedrängt. Es wird ihnen versichert, es sei eine einmalige Sache, oder man müsse nur genug Geld zusammenbekommen und dann sei es vorbei. Dass ihre vermeintlichen Liebespartner sie in Wahrheit eiskalt benutzen, um sich finanziell zu bereichern, verstehen die jungen Mädchen oft nicht, beziehungsweise möchten sie es nicht wahrhaben. Zu schön ist das Gefühl, geliebt zu werden. Für viele Opfer ist es das erste Mal, dass sie Aufmerksamkeit vom anderen Geschlecht bekommen und die Angst, niemand anderer könne sie lieben, macht sie zusätzlich hörig.
ES KANN JEDEM MÄDCHEN PASSIEREN
Manche Eltern denken, ihr Kind sei nicht gefährdet, etwa weil es auf eine gute Schule geht oder auf dem Land aufwächst. Tatsächlich sind aber auch immer mehr Mädchen betroffen, die ein Gymnasium oder eine Privatschule besuchen, berichtet Bärbel Kannemann. Sie ist Initiatorin des Vereines „NO Loverboys“ und sucht vermisste Mädchen, die einem Loverboy verfallen sind. Außerdem kümmert sie sich persönlich um Opfer und hält Aufklärungsvorträge an Schulen. Sie warnt, dass es wirklich jedes Mädchen treffen kann. Gerade in ländlichen Gegenden treiben sich die Jugendlichen aus Langeweile vermehrt im Internet herum. Manche der Opfer sind erst elf oder zwölf Jahre alt.
TÄTER SIND SCHWER ZU BELANGEN
Der deutsche Staatsanwalt Stefan Willkomm erklärt: Loverboy-Delikte werden vom Bundeskriminalamt als Menschenhandel eingeordnet. Das Thema Menschenhandel wird oft mit MigrantInnen in Verbindung gebracht, aber es betrifft eben auch deutsche Mädchen. Anzeigen und Gerichtsverfahren sind bisher allerdings selten. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Opfer hängen oft noch sehr lange emotional an ihrem Loverboy und nehmen ihn in Schutz. Viele schämen sich zu sehr dafür, dass sie auf solche Tricks reingefallen sind und wollen deswegen keine Anzeige erstatten. Eine Dokumentation des WDR berichtet über die Anklage gegen einen Loverboy, der in Düsseldorf sein Unwesen trieb. Vier Mädchen aus Nordreinwestfahlen hatten im Jahr 2017 den Mut, ihn vor Gericht zu bringen. Auch mangelnde Aufmerksamkeit seitens der Gesellschaft ist einer der Gründe. Staatsanwalt Willkomm meint, dass es in jenen Städten, in denen sich Kollegen von ihm engagierten, sehr wohl Anklagen und Prozesse gebe. Aber wo niemand hinschaut, bleiben Loverboy-Verbrechen unentdeckt. Auch die Kriminalpolizei in Österreich bedauert, dass die tätlichen Männer schwer zu ermitteln seien. Den betroffenen Mädchen fehle oft auch das Bewusstsein, dass sie Opfer sind und sehen die Schuld bei sich selbst . Außerdem behindere oft die starke emotionale Beziehung der Opfer gegenüber den Loverboys die Zusammenarbeit.
LOSKOMMEN IST SCHWIERIG
Sozialarbeiterin Andrea Hitzke schildert, wie schwierig für manche das Ausbrechen aus dieser toxischen Beziehung ist. Wenn ein Loverboy bemerkt, dass sich sein Opfer versucht von ihm zu lösen, werden Drohungen ausgesprochen. Man würde den Eltern, Geschwistern oder FreundInnen etwas Schlimmes antun, wenn sich das Mädchen jemanden anvertraue. Da die Opfer auch häufig geschlagen werden, kennen sie die Gewaltbereitschaft der Männer und nehmen die Drohungen ernst. Aber selbst, wenn sie es schaffen zu entkommen, kehren sie oft schon bald darauf freiwillig zu ihrem Peiniger zurück, weil sie dennoch an die wahre Liebe glauben. Bis die Opfer wirklich begreifen, dass es sich bei ihrem Traumprinzen um einen brutalen Zuhälter handelt, ist es ein langwieriger Prozess, welcher womöglich psychologische Hilfe erfordert.
LOVERBOYS IN ÖSTERREICH
2011 erklärte das Bundesministerium für Inneres in einer Anfragebeantwortung, die Loverboy-Methode betreffe in Österreich vorwiegend weibliche Opfer aus den Herkunftsländern Rumänien, Bulgarien und Ungarn: „Die Frauen stammen meist aus sozial schwachen Familien.“ Tatsächlich sind wenige bis gar keine Fälle bekannt, in denen in Österreich geborene und aufgewachsene Mädchen Opfer von Loverboys wurden. Aber wie schon oben erwähnt, gibt es zahlreiche Gründe, warum die schuldigen Männer nicht zur Rechenschaft gezogen werden (können): Emotionale Abhängigkeit, fehlendes Opferbewusstsein, Scham und nicht zuletzt Mangel von Beweisen.
AUFKLÄRUNG AN SCHULEN
Bärbel Kannemann plädiert klar für mehr Aufklärung an Schulen – für die Eltern und natürlich die SchülerInnen. Vielen Eltern sei gar nicht bewusst, dass es die Loverboy-Masche gibt und selbst wenn sie davon gehört haben, glauben sie, das sei lediglich in Großstädten und in prekären sozialen Milieus ein Problem. Wenn Eltern wüssten, auf welche Warnzeichen sie achten sollten, sei das ein guter Anfang, betont Kannemann. Selbstverständlich sollten auch Schülerinnen diese Warnsignale kennenlernen, um sensibilisiert zu werden. Außerdem sollte ihnen ein verantwortungsvoller Umgang mit Internetbekanntschaften näher gebracht werden. Doch selbst wenn junge Mädchen über das Thema aufgeklärt sind, sind sie längst nicht davor bewahrt, auf einen Loverboy hereinzufallen.
Auch wenn in Österreich die Loverboy-Methode noch recht unbekannt ist – wir sind uns sicher, es passiert auch in Österreich, dass junge Männer Mädchen auf diese Art auf den Strich führen und kaltblütig ausbeuten. Daher wäre auch hierzulande mehr Aufklärung und Prävention von Nöten!