The American Nightmare: Kinderehen in den USA 

Wer hätte das gedacht? In fast allen amerikanischen Bundesstaaten sind Kinderehen unter gewissen Bedingungen legal, in fünf davon gibt es kein Mindestalter. Meist sind Mädchen betroffen, die gezwungen werden, erwachsene Männer zu heiraten. Die Jüngste war bei ihrer Hochzeit gerade einmal 10 Jahre alt. Die Gründe für Kinderehen in den USA sind meist andere als in Entwicklungsländern. 

Amerika ist bekanntlich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Es ist auch das Land der Widersprüche. Bier zu trinken ist ab 21 erlaubt, während Teenager mit Schusswaffen hantieren und Pickup-Trucks fahren, und – so absurd es auch klingen mag – heiraten darf man, bevor man all diese oben genannten Dinge tun darf. 

Bei genauerem Hinsehen sind Kinderehen nicht nur ein Problem von Entwicklungsländern. Tatsächlich gab es in den USA zwischen 2000 und 2018 etwa 300.000 Eheschließungen, bei denen mindestens ein Ehepartner minderjährig war. Wenig überraschend waren es in den meisten Fällen erwachsene Männer, die minderjährige Mädchen heirateten. Das jüngste Mädchen war zum Zeitpunkt der Eheschließung 10 Jahre alt. In 40 von 50 Bundesstaaten sind Kinderehen bis heute legal, solange die Erziehungsberechtigten zustimmen. Das Mindestalter variiert, in fünf Staaten gibt es überhaupt keine Einschränkung, darunter sogar das liberale Kalifornien. 

Während in Entwicklungsländern Armut der Hauptgrund für die Verheiratung junger Mädchen ist, sind es in den USA oft religiöse oder kulturelle Hintergründe. Religionsfreiheit wird in den Vereinigten Staaten hoch geschrieben, die Politik mischt sich kaum in „familiäre Angelegenheiten“ ein. Folglich existieren unzählige Sekten, bei denen Kinderehen „dazugehören“. Nicht selten werden Kinder auch verheiratet, um dem Ehepartner ein Visum zu verschaffen. 

Sara ist längst erwachsen, aber sie leidet heute noch unter ihrer frühen Verheiratung. Sie war 15, als ihr Vater sie zwang, mit einem 13 Jahre älteren Mann vor den Altar zu treten. Die verbleibende Zeit ihrer Jugend war sie neidisch auf die Mädchen in ihrem Alter, die zur Schule gehen durften. Sara war kurz nach der Hochzeit schwanger. 

Die meisten Kinderehen enden in Scheidung. Doch die Frauen können die neu gewonnene Freiheit nicht genießen, erstens, weil sie traumatisiert sind und zweitens haben sie einen schweren Start in die Unabhängigkeit. Sara sparte und hatte endlich, mit Anfang 20 genug Geld, um auszuziehen und die Scheidung einzureichen. In den darauffolgenden Jahren lebte sie mit ihren Kindern von Zeit zu Zeit auf der Straße. Viele Frauen, die aus solchen Ehen ausbrechen, haben keinen Highschool-Abschluss, keine Berufsausbildung, keine Grundlage zum Aufbau eines finanziell stabilen Lebens, dafür aber Kinder, für die sie sorgen müssen. Die „verlorenen Jahre“ sind schwer aufzuholen. 

UNICEF stuft alle Kinderehen als Zwangsehen ein und arbeitet intensiv daran, sie bis 2030 komplett abzuschaffen. 

Aber kann eine Kinderehe nicht nach kurzer Zeit geschieden, und somit Schlimmeres verhindert werden? 

So einfach ist es leider nicht. Kinder können in der Regel nur über einen Vormund ein gerichtliches Verfahren einleiten. Das Volljährigkeitsalter liegt in allen US-Bundesstaaten bei mindestens 18 Jahren. Das heißt, sich vor dem 18. Geburtstag scheiden zu lassen, ist ohne Unterstützung eines Erwachsenen praktisch unmöglich. Eltern, die ein Kind verheiraten, werden es kaum bei einer Scheidung unterstützen. 

Auch eine Flucht ist meist aussichtslos. Die Mädchen haben kein Einkommen, um sich selbst zu versorgen. Frauenhäuser nehmen keine Minderjährigen auf, denn per Gesetz müssten die „Ausreißer“ zu den Eltern zurückgebracht werden. Jugendämter intervenieren nicht bei Kinderehen, wenn sie legal geschlossen wurden. 

Tatsächlich schaffen Gesetze in manchen US-Staaten sogar perfide Anreize zur Kinderehe, da sie sexuelle Handlungen mit Minderjährigen innerhalb einer Ehe erlauben. Um ein Kind sexuell missbrauchen zu dürfen, reicht also – überspitzt ausgedrückt – ein Ring an dessen Finger. 

Das Problem hat in den letzten Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit bekommen. Massachusetts, New Jersey, Minnesota und Pennsylvania verbieten seit kurzem Heirat unter 18 Jahren ohne jede Ausnahme, andere haben zumindest ein Mindestalter eingeführt – ein Anfang. Leider gibt es starke Stimmen, die gegen eine Abschaffung sind. Einige Konservative sind zum Beispiel der Meinung, ungewollt schwangere Teenager würden eher eine Abtreibung vornehmen, wenn sie nicht die Möglichkeit einer Hochzeit hätten. Andere meinen, der Staat solle sich nicht in familiäre Angelegenheiten einmischen. 

Aber immerhin, der Widerstand wächst. Allen voran mobilisiert die gegründete NGO „Unchained at Last“, aber auch PolitikerInnen setzen sich für eine Abschaffung der Kinderehe ein. 

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