Seit Mitte Juli 2024 steht es fest: das sogenannte Nordische Modell bleibt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat nun endgültig eine Entscheidung gefällt und so bleibt das Sexkaufverbot in Frankreich aufrecht.
Der Reihe nach …
Rund sechs Jahr lang versuchte die französische Pro-Prostitutionslobby, die Freierbestrafung wieder abzuschaffen. 261 Personen wurden indoktriniert, auszusagen, dass das Gesetz gegen Sexkauf ihre Situation verschlechtere. So wurde behauptet, dass durch dieses Gesetz ihr Schutz in Gefahr stünde und es schwerer sei, Freier zu bekommen, diese aber höhere Forderungen stellten. Der kleinere Markt sei schuld daran, dass vermehrt die Forderung aufkäme, keine Kondome mehr zu verwenden, wodurch Infektionen mit Geschlechtskrankheiten wieder anstiegen.
Geklagt wurde gegen Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention („Recht auf Leben“) sowie Artikel 3 („Verbot unmenschlicher und degradierender Behandlung“). Prostitution sei ein privater Akt und somit verstoße die Freierbestrafung gegen Artikel 8 („Recht auf Privatleben“).
Doch diese Argumentationslinie blieb ohne Erfolg. Denn schon 1949 ratifizierte die UN-Menschenrechtskonvention, dass Prostitution „als unvereinbar mit der Menschenwürde“ – ebenfalls in Frankreich. Im September 2023 erklärte das Europäische Parlament, dass das System Prostitution von Natur aus gewalttätig, diskriminierend und zutiefst unmenschlich sei. Heuer forderte Reem Alsalem (UN-Sonderberichterstatterin) im Juni die Regierungen auf, Frauen und Mädchen in der Prostitution zu entkriminalisieren, sie als Opfer zu behandeln und zu unterstützen, während gleichzeitig der Kauf sexueller Handlungen kriminalisiert werden müsse.
1999 war Schweden das erste Land, welches dieses Model einführte. Das Ziel ist, nicht die Personen zu bestrafen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, sondern diejenigen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
Bekannt ist dieses Modell auch als sogenanntes Vier-Säulen-Modell. Dieses Modell ist auf folgenden vier Maßnahmen aufgebaut: umfassende Kriminalisierung einvernehmlicher Prostitution und eben der Inanspruchnahme entgeltlicher sexueller Dienstleistungen. Die bereits erwähnte Nicht-Bestrafung der anbietenden Person, das Angebot zum Ausstieg mit der Bedingung, dass die Sexarbeit sofort unterlassen wird sowie die Aufklärungsarbeit innerhalb der Bevölkerung. Besonders der vierte Punkt sollte nicht unterschätzt werden. Durch Aufklärung und vermehrter Wissensaustausch erhält die Thematik mehr Aufmerksamkeit und wird sichtbarer. Das Verbot kann als Barriere gesehen werden. Als Barriere für Menschenhändler und Zuhälter – so ist beispielsweise auch dokumentiert, dass vor allem der Menschenhandel in Ländern mit dem Nordischen Modell zurückzugehen scheint.
Wichtig ist, dass der Staat Prostitution als eine Form von (geschlechts-spezifischer) Gewalt anerkennt. Die bereits erwähnten Säulen des Modells müssen generationsübergreifend funktionieren und das Thema Sexarbeit darf nicht mehr tabuisiert behandelt werden.
Handlungsbedarf besteht weiterhin
Wie am besten gegen Menschenhandel und Prostitution vorzugehen ist, ist weiterhin ein umstrittenes Thema. Klar bleibt, dass es keine einfache Lösung gibt, die alle Mechanismen gleichzeitig aushebeln kann. Bei der oben ausgeführten Entscheidung ist noch zu betonen, dass sich dieses Verbot explizit gegen Freier richtet und eben nicht den Verkauf selbst unter Strafe stellt, sondern den Kauf.
Das Urteil wird als Meilenstein angesehen, da damit das Nordische Modell legitimiert wurde.
Entscheidungen wie diese tragen dazu bei, das Thema wieder hinter den Vorhang hervorzuholen und verdeutlichen, wie vielfältig und komplex die Themen rund um Prostitution, Sexarbeit, Sexverkauf etc. sind.
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