Nachbericht: Vienna Conference on Combatting Trafficking in Human Beings

Der Kampf gegen Menschenhandel erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Die diesjährige Konferenz mit dem Thema „Menschenhandel – eine private Angelegenheit?“ untersuchte die Verbindungen zwischen Tätern und Opfern. Sehr oft geht es dabei darum, dass Vertrauensverhältnisse ausgenutzt werden. Ebenso spielen neue Technologien eine wesentliche Rolle. Neue Methoden und Tools, die für den Menschenhandel verwendet werden, müssen erkannt und benannt werden, um in der Folge qualifizierte Präventionsstrategien erarbeiten zu können. In Workshops und Podiumsdiskussionen mit Expert:innen und NGOs werden Risiken und Chancen im Bereich Opferschutz, Kinderhandel und der Rolle der Zivilgesellschaft erörtert. Seit 2004 setzt sich das österreichische Außenministerium u. a. mittels einer Task Force gegen Menschenhandel ein; die jährliche Konferenz der Task Force in Zusammenarbeit mit der IOM und der OSZE ist eine konkrete Gegenmaßnahme. 

cphoto | Christina Pichler

Organisiert von der Task Force Human Trafficking Austria wurde am 17. Oktober 2024 in diversen Workshops, Vorträgen und Interaktionen erörtert, welche Bedingungen unsere Gesellschaft bereitstellt, dass Menschenhandel immer noch im Schatten der Öffentlichkeit geschehen kann. Wie kann es sein, dass die Gesellschaft dieses Problem oft nicht als solches erkennt? Vielmehr werden Themen und Problematiken wie diese oftmals auf Einzelpersonen geschoben. Doch wer entscheidet sich schon aktiv dazu, ein Teil von Menschenhandel zu sein? Und wenn ja, gibt es auch hierfür strukturelle Bedingungen, die genau erkannt und benannt werden müssen. 

Wie bereits erwähnt, hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, an einer Vielzahl von thematisch breit gefächerten Workshops teilzunehmen, die zum Nachdenken anregten und neue Perspektiven eröffneten. Ein herausragendes Beispiel hierfür war der Workshop Nr. 3 mit dem Titel „Male vulnerability and exploitation: ‘private failure’ or social responsibility?”, in dem die oft übersehene und unterschätzte Verletzbarkeit von Männern im Fokus stand. Die Diskussion beleuchtete, wie eng männliche Verletzbarkeit mit gesellschaftlichen Strukturen und Erwartungen verwoben ist und hinterfragte, ob diese als individuelles Versagen oder als kollektive soziale Verantwortung betrachtet werden sollte. Fachkundige Einblicke und wertvolle Erfahrungen teilten Mariella Jordanova-Hudetz von AmberMed sowie des Weiteren auch von  Manfred Buchner von MEN VIA, die durch ihre verschiedenen Hintergründe und Expertisen das Thema von unterschiedlichen Blickwinkeln aus betrachteten und sogleich direkt aus der Praxis berichten konnten. Der Workshop begann mit tiefgehenden Einblicken, die verdeutlichte, wie komplex die Verstrickungen männlicher Verletzbarkeit oft sind und wie sich diese nicht nur auf die individuelle Lebensrealität, sondern auch auf gesellschaftliche Normen und Rollenvorstellungen auswirken. 

cphoto | Christina Pichler

Stereotypische Männlichkeitsbilder sind nicht nur gesellschaftlich tief verankert, sondern auch fest in den individuellen Selbstbildern vieler Männer. Diese festgefahrenen Verhaltensmuster führen oft dazu, dass Bedürfnisse und Verletzbarkeiten übersehen oder unterdrückt werden, was Männer besonders anfällig für Ausbeutung macht. Diese Ausbeutung kann viele Formen annehmen, wie etwa in der Ablehnung gegenüber den eigenen Schwächen einerseits, sowie andererseits der Verweigerung des Zugangs zum Arbeitsmarkt; insbesondere bei fehlenden oder falschen Papieren. Männer haben oft Angst, ihren Männlichkeitsstatus zu verlieren, und fühlen sich verpflichtet, die Rolle des Familienernährers zu übernehmen, weshalb sie häufig vieles in Kauf nehmen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren.

Dies führt häufig zu einer Abhängigkeitsspirale, die schwer zu durchbrechen ist. Besonders traumatisierte Männer stehen vor großen Herausforderungen: Ihre Erfahrungen werden selten thematisiert, und die Stigmatisierung hindert sie oft daran, in ihr gewohntes Umfeld zurückzukehren. Ausbeutung von Männern ist oft das Ergebnis mehrschichtiger Unterdrückung und struktureller Benachteiligung, die nur unzureichend adressiert wird.

Nach den einzelnen Workshops kamen alle Teilnehmenden wieder im großen Saal zusammen, um die Ergebnisse bzw. diskutierten Inhalte der jeweiligen Gruppen zu hören. Ziel war es, einen Überblick darüber zu geben, welche Themen in den Workshops besprochen wurden, und dabei auch einzelne Fallbeispiele hervorzuheben.

Im Workshop 1 wurde intensiv über die Rolle der Zivilgesellschaft diskutiert, insbesondere wann und in welchen Fällen die Polizei eingeschaltet werden sollte. Workshop 2 verdeutlichte anhand einzelner Schicksale, wie schwierig es ist, an relevante Informationen zu gelangen, um Personen und deren konkreten Probleme bearbeiten zu können. Des Weiteren wurde wieder einmal verdeutlicht, dass der Schutz für Betroffene oft mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres endet und somit ein weiteres Konfliktfeld entsteht. Workshop 3, wie bereits weiter oben beschrieben, widmete sich der männlichen Verletzbarkeit und der Frage, ob diese als privates Scheitern oder als gesellschaftliche Verantwortung zu verstehen ist. Schließlich behandelte Workshop 4 die verschiedenen Formen der multiplen Ausbeutung in Privathaushalten und beleuchtete die Komplexität und Häufigkeit dieses Problems. 

Die Tagesveranstaltung bot eine Fülle an wertvollen Impulsen und Diskussionen, sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache. Die behandelten Themen deckten ein breites Spektrum ab, von Zivilgesellschaft und polizeilicher Intervention bis hin zu individueller Schutzlosigkeit und multipler Ausbeutung. 

Besonders hervorzuheben ist die Diversität der eingeladenen Expert:innen, die aus der Praxis, der Verwaltung und staatlichen Behörden kamen und dadurch fundierte und praxisnahe Perspektiven einbrachten. Solche Tagungen sind von großer Bedeutung, da sie nicht nur wichtige Themen ins Bewusstsein rücken und ihre Aktualität aufzeigen, sondern auch dazu beitragen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf bestehende Missstände zu lenken und Lösungsansätze zu fördern.

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