Nachbericht: Filmpremiere „Buying her“

Menschen werden verschleppt, verkauft und wie ein Gebrauchsgegenstand verwendet und weggeschmissen – übrig bleiben Wesen, die sich selbst wieder finden müssen.  

Am Donnerstag, dem 10. April 2025, öffnete die Expedithalle in Wien ihre Türen für einen eindrucksvollen Abend, der sich einem oft tabuisierten, doch gesellschaftlich hochrelevanten Thema widmete: dem Sexkauf und seinen weitreichenden Folgen. Rund um die Filmvorführung von „Buying Her“ versammelten sich zahlreiche interessierte Gäste, um mehr über die Realität hinter der Prostitution zu erfahren – jenseits von gängigen Mythen und romantisierten Erzählungen. Obfrau Andrea Staudenherz kämpfte mehrere Monate dafür, dass sie diesen Film in Österreich und im Rahmen von Vorführungen zeigen kann, da er neue Perspektiven dieses Geschäfts aufzeigt, aber bisher noch nicht veröffentlicht wurde. 

Der Dokumentarfilm „Buying Her“ gewährt einen seltenen und unverblümten Einblick in die Lebenswelt von Sexkäufern und Menschen in der Prostitution. Mit schonungsloser Offenheit erzählen Betroffene von ihrem Weg – von den ersten prägenden Erfahrungen mit Pornografie bis hin zu jenen Momenten der Reflexion, die sie schließlich zum Infragestellen eines Systems der Ausbeutung führten. Die vielschichtigen Perspektiven, die der Film beleuchtet, machen deutlich: Prostitution ist kein neutrales Geschäft, sondern Ausdruck tiefer gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Ein Versuch die Verstrickungen der Machtverhältnisse aufzuzeigen, kann in unserem aktuellen Blogartikel „Eine Betrachtungsart: Ausbeutung – intersektional erklärt“ nachgelesen werden. Wir von Hope for the Future setzen uns auch zum Ziel Betroffene sprechen zu lassen! So können auf unserer Webseite auch Kurzerzählungen von Betroffenen Menschen nachgelesen werden. Kurz und prägnant wird klar: Ausbeutung hat viele Facetten. Die Lebensschicksale sind unterschiedlich und trotzdem ‚irgendwie‘ gleich – sie rauben die Würde der Betroffenen und diese gilt es wieder zu erlangen!

Im Anschluss an die Filmvorführung fand eine Podiumsdiskussion statt, bei der Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen – von Betroffenenvertretungen über Sozialarbeit bis hin zu Opfer von Menschenhandel – das Gesehene einordneten, vertieften und in einen größeren Kontext stellten. Aus einer psychotherapeutischen Sichtweise kann durchaus angeführt werden, dass der Dokumentarfilm Buying Her eindrucksvoll zeigt, wie tiefgreifend die Erfahrungen von Ausbeutung und Entwürdigung die psychische Gesundheit von Menschen in der Prostitution beeinträchtigen können. Die Protagonist:innen im Film berichten von frühen traumatisierenden Erlebnissen – etwa durch die Konfrontation mit gewaltvoller Pornografie oder emotionale Vernachlässigung – die häufig den Boden für spätere Abhängigkeitsverhältnisse und Selbstwertproblematiken bereiten.

Die im Film geschilderten Reflexionsprozesse sind aus therapeutischer Perspektive besonders bedeutsam: Sie markieren erste Schritte der Selbstermächtigung und der Rückgewinnung eines kohärenten Selbstbildes. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und dem strukturellen Charakter von Ausbeutung kann einen heilenden Prozess anstoßen – hin zu einem Leben mit mehr Autonomie, Würde und innerer Sicherheit. Dabei ist es zentral, dass Betroffene gehört und ernst genommen werden. Ihre Stimmen sichtbar zu machen! Wir von Hope for the Future versuchen dabei zu helfen. 

Der frühe bzw. übermäßige Konsum von Pornografie kann zu einer verzerrten Wahrnehmung und Vorstellung von Sexualität führen. Aus psychotherapeutischer Sicht verinnerlichen insbesondere junge Menschen durch pornografische Inhalte oft ein Bild von Sexualität, das auf Dominanz, Leistungsdruck, Objektivierung und einer Mischung aus Macht und Hierarchie basiert – fernab von Intimität, gegenseitigem Respekt und emotionaler Verbindung. Solche internalisierten Vorstellungen können langfristig die Beziehungsfähigkeit beeinträchtigen, Empathie verringern und die Fähigkeit zu einem gesunden, einvernehmlichen Umgang mit Nähe und Sexualität erschweren. Sexualität wird dabei nicht als menschliche Begegnung, sondern als konsumierbare Dienstleistung erlebt – mit problematischen Folgen sowohl für das eigene Selbstbild als auch im Umgang mit anderen.

Wie bereits erwähnt, war das Podium sehr divers besetzt: So war ebenso eine Person am Podium, die selbst über viele Jahre Opfer von Menschenhandel war. Sie berichtete mit erschütternder Offenheit über ihre Erfahrungen – darüber, wie sie mehrfach vergewaltigt und schließlich sogar niedergestochen wurde. Ihre Geschichte geht unter die Haut, weil sie mehr ist als ein Einzelschicksal: Sie steht stellvertretend für die Gewalt, die viele Menschen in der Prostitution erleben. Diese Erlebnisse hinterlassen tiefe seelische Wunden – Angst, Ohnmacht, Scham und das Gefühl, keinen Wert mehr zu haben. Wenn sie heute ihre Stimme erhebt, tut sie das nicht nur für sich selbst, sondern für all jene, die noch keine Worte gefunden haben. Was als ‚Dienstleistung‘ verkauft wird, ist oft ein Leben im permanenten Ausnahmezustand, geprägt von Gewalt, Ausbeutung und dem Kampf um das eigene Überleben.

Der Abend endete mit offenem Austausch bei Getränken und kleinen Snacks – eine Gelegenheit, das Gehörte nachwirken zu lassen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

„Buying Her“ hat an diesem Abend nicht nur informiert, sondern berührt, aufgerüttelt und zum Nachdenken angeregt – ein wichtiger Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte rund um Sexarbeit, Prostitution, Konsum und Menschenwürde.

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