Hollywood und Menschenhandel

Skrupellose Mafiosi, Serienmörder, Menschenhändler – Hollywood liebt sie alle. Sie sind die, die uns kalte Schauer über den Rücken laufen lassen und uns starr vor der Leinwand halten. Doch haben diese Hollywood Inszenierungen auch eine Kehrseite, wenn es um Menschenhandel geht?

WAS ERZÄHLT UNS HOLLYWOOD ÜBER MENSCHENHANDEL?

Hollywood bedient sich bei seiner Charaktersuche oft an der realen Welt. Da der Menschenhandel immer mehr Aufmerksamkeit erregt, war es unvermeidlich, dass das Thema auf die große Leinwand kommt. Menschenhändler sind schließlich die Bösewichte schlechthin. Sie versklaven Menschen und beuten sie für ihren Profit aus. 

Wir alle kennen sie: die Helden, die den Menschenhändlerring zerschlagen und mit den geretteten Opfern Richtung Happy End reiten. Das Paradebeispiel dafür ist die „Taken“ Reihe mit Liam Neeson in der Hauptrolle. Im ersten Teil hat unser Ex-CIA Agent 96 Stunden Zeit, um seine Tochter aus einem albanischen Sexhändlerring in Paris zu retten, der junge Mädchen entführt, sie unter Drogen setzt und an Scheichs im Nahen Osten verkauft. Dann hätten wir noch Mira Sorvino, eine New Yorker Polizistin, die Undercover gegen einen russischen Menschenhändlerring vorgeht in „Human Trafficking“. Oder „The Whistleblower“, der auf einer wahren Geschichte beruht und Rachel Weisz, eine UN-Friedenswächterin dabei begleitet Gräueltaten im damaligen Nachkriegsbosnienherzegowina aufzudecken. Doch was daran ist problematisch?

DAS PROBLEM MIT HOLLYWOOD

Die Beziehung zwischen Hollywood und Menschenhandel hat gute und schlechte Folgen. Zu einem wird durch die eben genannten Beispiele, Aufmerksamkeit gegenüber Menschenhandel geweckt. Zum anderen, werden aber kritische Missverständnisse über den Menschenhandel dadurch auch verbreitet und verstärkt, wie Jonathan Todres erklärt. Der amerikanische Juraprofessor hat sich mit dem Einfluss von Blockbustern auf unser Verständnis von Menschenhandel beschäftigt und kam zu einigen ausschlaggebenden Resultaten: 

Die meisten Hollywood Filme beschäftigen sich ausschließlich mit Sexhandel von jungen Frauen und Mädchen. Dabei werden andere Formen des Menschenhandels gar nicht angesprochen, geschweige denn das auch Männer und Angehörige der LGBTQ+ Community betroffen sein können. Weiße, meist Amerikaner, werden als die Helden gefeiert und die „anderen“ – Albaner, Araber oder Russen, als die Bösen dargestellt. Dies ist jedoch weit entfernt von der Realität, wo Menschenhändler Opfer hauptsächlich aus dem eigenen Land, oder sogar eigenen Umfeld in die Versklavung locken. Und letztendlich, wie in Hollywood üblich, ist die Rettung das Ende der Geschichte. Das ein solches Erlebnis für die Opfer jedoch noch einen langen Leidensweg nach sich zieht, wird nicht weiter thematisiert. 

Um Menschenhandel richtig und effektiv bekämpfen zu können, muss man genau verstehen was Menschenhandel ist. Wie bei anderen Gewaltverbrechen hat nur ein Bruchteil der Bevölkerung persönliche Erfahrungen mit Menschenhandel. Nur wenige Menschen haben mit einem Opfer über seine Erfahrungen gesprochen, und nur wenige haben Forschungsarbeiten dazu gelesen. Der größte Teil der Öffentlichkeit bezieht sein Wissen über Menschenhandel aus den Darstellungen in den Medien. Diese Darstellungen wiederum prägen unser Verständnis davon, nicht auf persönlicher, sondern auch auf Bundes- oder Landesebene. 

Todres konnte viele der verzerrten Darstellungen in den Medien, in der Politik und Gesetzgebung wiederfinden. Unser Strafrecht spiegelt das „Rettungsnarrativ“ wider. Natürlich ist die Strafverfolgung notwendig, aber lang nicht ausreichend. Für andere wichtige Aspekte wie Prävention und Dienste für Opfer – werden weitaus weniger Mittel bereitgestellt. Der Fokus liegt auf den Sexhandel und weiblichen Opfern. Ermittlungen zu schlechten Arbeitsverhältnissen oder Zwangsarbeit in anderen Branchen hinken oft hinterher, wobei man annimmt, dass diese ein größeres Ausmaß an Opfern einnehmen. 

Wir können Hollywood nicht ändern, aber wir können euch Filme empfehlen, die einen anderen Zugang der Darstellung wählten und aktiv zur Aufklärung des Menschenhandels beitragen.

UNSERE VORSCHLÄGE – LEHRREICHE FILME/DOKUMENTATION

Anstelle, dein Wissen über Menschenhandel von Hollywood Blockbustern abhängig zu machen, haben wir dir hier eine Liste an lehrreichen Filmen und Dokumentationen zusammengestellt. Wenn dir noch welche einfallen – schreib uns eine Mail, wir freuen uns und wünschen euch einen schönen Filmabend!

DIE WARE MENSCH – VON AUSBEUTUNG UND MODERNER SKLAVEREI (2018)

In der Planet Wissen Doku vom SWR berichtet der Historiker Prof. Michael Zeuske die vielen unterschiedlichen Facetten der Sklaverei weltweit, von der Vergangenheit bis zur Gegenwart.
https://www1.wdr.de/mediathek/video-die-ware-mensch—von-ausbeutung-und-moderner-sklaverei-100.html

THE STORM MAKERS (2014)

The Storm Makers ist ein erschütterndes Exposé der kambodschanischen Unterwelt des Menschenhandels und ein augenöffnender Blick auf den komplexen Kreislauf von Armut, Verzweiflung und Gier, der diesen brutalen modernen Sklavenhandel antreibt, mit brutaler Offenheit.

TRACES OF TRADE (2008)

Die Produzentin/Regisseurin Katrina Browne erzählt die Geschichte ihrer Vorfahren, der größten Sklavenhändlerfamilie in der Geschichte der USA. Angesichts des Mythos, dass der Süden allein für die Sklaverei verantwortlich ist, werden die Zuschauer überrascht sein zu erfahren, dass Brownes Vorfahren aus dem Norden stammten. Der Film folgt Browne und neun weiteren Familienmitgliedern auf einer bemerkenswerten Reise, die sie mit der Geschichte und dem Erbe des verborgenen Unternehmens in Neuengland konfrontiert. 

NOT MY LIFE (2011)

Not My Life konzentriert sich auf die systematische Unterwerfung und den Missbrauch von Kindern, ist aber ansonsten sehr breit angelegt. Der Film, der auf fünf Kontinenten und in 13 Ländern gedreht wurde, untersucht die vielen Möglichkeiten, wie junge Menschen – etwa 29 Millionen von ihnen – versklavt und ausgebeutet werden, von Zwangsarbeit und häuslicher Sklaverei über Sexhandel bis hin zum Kindersoldatentum. 

JOY (2018)

JOY erzählt die Geschichte einer jungen Nigerianerin, die im Teufelskreis von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung gefangen ist. Sie arbeitet in Wien als Prostituierte, um sich von ihrer Zuhälterin, der Madame, freizukaufen, ihre Familie in Nigeria zu unterstützen und ihrer kleinen Tochter eine Zukunft zu sichern.

NEFARIOUS: MECHANT OF SOULS (2011)

Diese Dokumentation von Filmemacher Benjamin Nolot behandelt die Thematik der modernen Sex-Sklaverei. Mit seinem Team “Exodus Cry” bereist er die ganze Welt und interviewt Betroffene und ehemalige Zuhälter. Er erklärt die Dramatik und Dringlichkeit des Menschenhandels heutzutage und gibt ein überraschendes Ende.