Auch in Europa gibt es Menschenhandel und moderne Sklavenarbeit. Vereine und Projekte wie Hope for the Future bieten ganzheitliche Integrationsmodelle, die Menschen helfen, aus den Fängen der Menschenhändler zu entfliehen und ein neues, erfülltes Leben zu beginnen. Ohne Qualifikationen und Sprachkenntnisse landen viele jedoch früher oder später wieder in dem ausbeuterischen Arbeitsverhältnis – genau deshalb brauchen sie adäquate Unterstützung. Dazu gehört auch die Integration in den Berufsalltag.
MENSCHENHANDEL AUCH IN EUROPA
Menschenhandel ist nicht nur ein Problem in weit entfernten Entwicklungsländern, Menschenhandel geschieht mitten in Europa. Vor allem prekäre Situationen wie Krieg, Flucht und Armut werden schamlos ausgenutzt, um Menschen in die moderne Sklavenschaft zu bringen. Es wird ihnen ein besseres Leben versprochen, doch in Wirklichkeit beginnt ein Leben ohne Freiheit und voll von Leid und Verzweiflung. Oft sind Frauen aus osteuropäischen Ländern das Ziel, sie werden mit vorgetäuschten Stellenangeboten, falschen Versprechungen oder Erpressung dazu gebracht, ihr Land zu verlassen. Viele Frauen, die durch Menschenhändler in ein fremdes Land gebracht werden, landen in der Prostitution, während Männer Schwerstarbeit auf Schlachthöfen, in der Landwirtschaft, in der Gastronomie oder auf dem Bau verrichten. Kennzeichnend ist, dass die Arbeitsverhältnisse durch Täuschung und Zwang entstehen, die Betroffenen abhängig sind und nicht fair entlohnt werden. Oft führen die Täter die Menschen illegal ins Land ein und nehmen ihnen die Pässe weg.
In Europa leiden schätzungsweise 600.000 Menschen unter diesen Formen moderner Sklaverei, weltweit sollen es 21 Millionen sein. Die Gewinne der Täter betragen vermutlich 150 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
EINE NEUE CHANCE
Selbst wenn es die Betroffenen schaffen, aus den Fängen der Menschenhändler zu entkommen, fehlen ihnen die Perspektiven. Die Flucht bzw. der Ausstieg gestaltet sich deswegen als schwierig, weil die Betroffenen weder Qualifikationen noch Sprachkenntnisse haben, manche sind gar AnalphabetInnen. Selbst wenn sie Qualifikationen haben, werden diese in dem Land, wo sie sich befinden, oft nicht anerkannt. Hinzu kommt noch, dass viele schwer traumatisiert und drogenabhängig sind.
Neben dem Zugang zu Therapie ist eine sinnvolle Arbeit ein entscheidender Faktor für das Gelingen eines Neustarts und der Integration in die Gesellschaft. Mit einem Arbeitsplatz können die Menschen nicht nur finanzielle Unabhängigkeit erreichen, sondern auch soziale Bindungen aufbauen, die ihnen helfen, traumatische Erlebnisse zu bewältigen.
Kreative Unternehmerinnen und Unternehmer in Europa haben es sich zur Aufgabe gemacht, Opfer von Menschenhandel eine realistische Ausstiegschance zu geben. Einige dieser Projekte wollen wir hier nun vorstellen.
ARBEITSINTEGRATION MIT HOPE FOR THE FUTURE
Unser Verein Hope for the Future in Wien bietet Opfern von Menschenhandel und Prostitution sozusagen das ganze Paket. Betroffene können kostenlose Deutschkurse besuchen und zugleich ein Arbeitstraining absolvieren. Dieses umfasst nicht nur das Handwerk Nähen zu erlernen, sondern auch Kernkompetenzen, die für einen Einstieg in die Arbeitswelt wichtig sind, wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Flexibilität. Zudem vermittelt Hope for the Future Trainees für ein Seminarhotel in der Nähe von Wien. Sie werden geschult in den Bereichen Küche, Reinigung, Gartenpflege und vieles mehr.
Da die Betroffenen oft Traumatisches erleben mussten, werden sie über den Zeitraum der Ausbildung von einer Sozialbetreuerin begleitet. Hope for the Future konnte dank des Engagements freiwilliger MitarbeiterInnen, KundInnen und Spenden schon vielen Menschen einen Neustart ermöglichen.
Hope for the Future ist Mitglied der Freedom Business Alliance, einem Netzwerk von Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, Menschenhandel und kommerzielle Ausbeutung zu bekämpfen.
THREADS OF HOPE IN ATHEN
Auch Threads of Hope ist ein sogenanntes „Freedom Business“. Ähnlich wie bei Hope For the Future haben Frauen in Athen die Möglichkeit, Nähen zu lernen und sich dadurch ein neues Leben aufzubauen. Das Projekt Threads of Hope startete im Jahr 2014 und ist aufgebaut wie ein Trainee-Programm. Die Frauen werden als Näherinnen ausgebildet und können sich im Anschluss bei Threads of Hope um eine Stelle bewerben, wo sie ihre neu erworbenen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Die Dauer der Ausbildung ist individuell und richtet sich nach den Bedürfnissen der Einzelnen. Abgeschlossen wird mit einer Prüfung und einem Diplom. Das Team bei Threads of Hope ist sehr heterogen, die Mitarbeiter kommen aus verschiedenen Ländern und haben unterschiedliche Fertigkeiten, die sie an die Frauen weitergeben können. Da Threads of Hope auch einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, umfasst die Ausbildung nicht nur Nähen, auch Sprach- bzw. Alphabetisierungskurse werden angeboten. Die Näherinnen stellen Taschen, Heimtextilien und andere Accessoires her und verwenden lokal produzierte Naturmaterialien wie Baumwolle und Leinen. Qualität spielt sowohl beim Material als auch bei der Herstellung eine große Rolle. Der Erlös der Textilien fließt zu 100% zurück in das Unternehmen, jeder Kauf unterstützt somit Opfer von Menschenhandel.
BAGEL BEJGL IN BELGRAD
Die NGO Atina, welche Menschen unterstützt, die Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel wurden, hat ein Bagel-Geschäft als soziales Unternehmen gegründet. Alle Gewinne aus dem Verkauf der Bagels kommen Betroffenen zugute.
Der Bagel-Laden hatte sogar schon prominenten Besuch. König Charles (damals noch Prinz) und Camilla probierten während ihres Besuchs in Belgrad den serbischen Bagel und auch US-Schauspielerin Sarah Wayne ließ ihn sich nicht entgehen.
Das Geld, das die KundInnen für die Bagel bezahlen, fließt in verschiedene Ausbildungsprogramme für (insbesondere) Frauen, die gezwungen waren, in der Prostitution zu arbeiten. Sie sollen die Sprache und einen Beruf erlernen, und so die Chance haben, auf eigenen Beinen zu stehen um ein glückliches, selbstbestimmtes Leben führen zu können.
FREEDOM PROJEKTE IN DEUTSCHLAND
MADE FOR HUMANITY
Der deutsche Verein Made for Humanity bietet unter anderem ebenfalls Nähworkshops an – vor Ort und in Indien. Made for Humanity arbeitet eng mit der Chaiim Foundation zusammen, diese unterstützt Frauen in Mumbai. Sie hilft ihnen, therapeutische Hilfe zu finden, Schulunterricht nachzuholen und niederschwellige Berufe zu erlernen. Manche Frauen müssen ganz langsam an ein „normales“ Leben herangeführt werden. Hier spielen erstmal strukturierte Zeitabläufe und Alphabetisierung eine große Rolle. Jede Betroffene wird hinsichtlich ihres eigenen Tempos betreut und an einen Arbeitsalltag herangeführt.
MADE IN FREEDOM
Made in Freedom unterstützt ebenfalls Opfer von Menschenhandel direkt in Kalkutta, Indien. Allein in Kalkutta sind laut Made in Freedom etwa 10.000 Frauen in der Prostitution gefangen. Das Partnerunternehmen Freeset schaffte schon über 200 Arbeitsplätze mit fairer Bezahlung für die Frauen vor Ort. Der Lohn liegt deutlich über dem landesüblichen Durchschnitt. Freeset produziert hochwertige T-Shirts aus Bio-Baumwolle und neben Basic Shirts kann man die Kleidung auch individuell bedrucken lassen. Jedes gekaufte T-Shirt sichert und schafft Arbeitsplätze für Frauen, die den Sprung aus der Zwangsprostitution wagen möchten oder gewagt haben.
JOB TRAINING IST ESSENTIELL
Der beste Weg für Opfer von Menschenhandel und Zwangsarbeit, ihre Würde wiederzuerlangen, ist ein Arbeitsplatz. Nur so kann die Rehabilitation der Überlebenden langfristig aufrechterhalten werden. Und ohne einen Weg zu einer sicheren Beschäftigung bleiben die Opfer von Menschenhandel gefährdet, den Kreislauf der Ausbeutung zu wiederholen.
Deswegen sind Freedom Businesses so wichtig und deshalb brauchen wir noch mehr solche – in Österreich, in Europa und überall auf der Welt. Regierungen müssen in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen und gemeinnützige Organisationen und Unternehmerinnen und Unternehmer dabei unterstützen, solche sozialen Projekte in die Tat umzusetzen.
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