Oftmals haben Menschen, wenn sie das Wort “Menschenhandel” hören, sofort ein Bild vor Augen: düstere Hinterzimmer, gefesselte Opfer und ausschließlich männliche Täter.
Denn trotz der weitverbreiteten Berichterstattung und Aufklärung über dieses Thema gibt es immer noch zahlreiche Mythen und Missverständnisse, die die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, diese Klischees und Stereotypen zu durchbrechen, um alle Opfer erkennen und ihnen wirksam helfen zu können. Aus diesem Grund werden wir in diesem Artikel 8 häufige Mythen über Menschenhandel entlarven, um Klarheit zu schaffen.
Mythos 1: Menschenhandel findet nur in bestimmten Regionen statt
Realität: Menschenhandel ist ein globales Phänomen und findet überall auf der Welt statt, sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern. Jedes einzelne Land ist davon betroffen, entweder als Herkunfts-, Transit- oder Zielland. So werden auch in Österreich jedes Jahr Menschen Opfer von Menschenhandel und erfahren sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung der Arbeitskraft, zur Bettelei oder zur Begehung von Straftaten.
Mythos 2: Nur Mädchen und Frauen werden Opfer von Menschenhandel
Realität: Jede Person kann Opfer von Menschenhandel werden. Obwohl Mädchen und Frauen statistisch häufiger von Menschenhandel betroffen sind, werden auch Buben und Männer regelmäßig zu Opfern. Das zeigt auch das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in seinem Jahresbericht „Global Report on Trafficking in Persons 2022“. In 166 untersuchten Staaten waren 60% der Opfer Frauen und Mädchen, sie werden meist Opfer sexueller Ausbeutung. Die 40% der Männer und Jungen müssen hingegen überwiegend Zwangsarbeit leisten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass weibliche Opfer nicht ebenso zu harter Arbeit gezwungen werden, und männliche Opfer nicht sexuell ausgebeutet werden.
Mythos 3: Opfer von Menschenhandel werden immer physisch gefangen gehalten
Realität: Obwohl dies manchmal der Fall ist, werden nicht alle Opfer physisch gefangen gehalten oder gar eingesperrt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie keine Opfer des Menschenhandels sind. Oftmals mangelt es einfach an finanziellen Mitteln, Transportmöglichkeiten oder einem sicheren Wohnort. Einige haben Angst um ihre Sicherheit, während andere so geschickt manipuliert wurden, dass sie gar nicht erkennen, dass sie unter Kontrolle stehen. Opfer von Menschenhandel können ambivalente Gefühle gegenüber ihrer Situation haben. Sie könnten aus Angst vor ihren Peinigern schweigen oder sich schämen. Rettung ist dadurch oft komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.
Mythos 4: Menschenhandel ist immer sexuell motiviert
Realität: Obwohl sexuelle Ausbeutung ein verbreitetes Motiv für Menschenhandel ist, handelt es sich um ein sehr vielschichtiges Phänomen, welches in unterschiedlichsten Formen und Branchen vorkommt. Denn es ist nicht eine spezifische Art der Arbeit, die als Menschenhandel betrachtet wird, sondern vielmehr die Bedingungen, unter denen diese Arbeit ausgeführt wird. Als Menschenhandel gilt gemäß UN-Menschenhandelsprotokoll nämlich „die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen (…) zum Zweck der Ausbeutung“. Dies geschieht meistens durch „die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit“. Hierzu zählt beispielsweise:
- Zwangsarbeit in verschiedenen Branchen (wie Bauwesen, Gastronomie, Fischindustrie, Bergbau usw.)
- Schuldknechtschaft,
- Sklaverei und Ausbeutung im Haushalt
- Kindersoldaten
- Kinderarbeit
- Sexuelle Ausbeutung von Kindern, einschließlich kommerzieller sexueller Ausbeutung
- Sexuelle Ausbeutung, wie in der erzwungenen Prostitution
- Organhandel
Mythos 5: Menschenhandel betrifft nur Menschen aus armen Verhältnissen
Realität: Natürlich stellt Armut einen nachweislich großen Risikofaktor dar, dennoch können Opfer von Menschenhandel aus verschiedenen sozialen Schichten und Hintergründen stammen. Auch andere Faktoren wie mangelndes Selbstwertgefühl, Geschlecht, Alter, Migrationsstatus und soziale Ausgrenzung etc. sind von Bedeutung. Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten können in verschiedene Arten von Menschenhandelssituationen geraten.
Mythos 6: Menschenhandel passiert immer über Staatsgrenzen hinweg
Realität: Es ist ein weitverbreiteter Mythos zu glauben, dass Menschenhandel immer über Staatsgrenzen hinweg stattfindet. Tatsächlich kann Menschenhandel sowohl grenzüberschreitend als auch innerhalb eines Landes auftreten.
Mythos 7: Nur Männer sind Täter.
Realität: Falsch. Wenn man an Menschenhändler denkt, stellt man sich oft finstere Gestalten vor, die dunkle Kleidung tragen und geheimnisvoll aussehen. Es ist wichtig hierbei zu betonen, dass Menschenhändler in der Realität sehr vielfältig sind und kein einheitliches “typisches” Erscheinungsbild haben. Menschenhändler können sowohl männlich als auch weiblich sein, viele von ihnen waren selbst einmal Opfer.
Mythos 8: Opfer des Menschenhandels werden in der Regel von Fremden entführt
Realität: Opfer von Menschenhandel werden in der Regel von jemanden genötigt, den sie bereits kennen und vertrauen, wie beispielsweise von einem romantischen Partner, Familienmitgliedern, darunter auch den eigenen Eltern, oder Freunden der Familie.
In Situationen, in denen Menschenhändler als Fremde beginnen, nutzen sie häufig Anwerbungs- und Rekrutierungsmethoden, um Vertrauen zu ihren Opfern aufzubauen. So nehmen Menschenhändler ihre minderjährigen Opfer beispielsweise häufig über soziale Medien ins Visier (siehe hierzu: Cyber-Grooming).
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