Zwangsheirat – eine Form des Menschenhandels. Was ist der Unterschied zur arrangierten Heirat? Gibt es diese Form der Freiheitsberaubung in Österreich? Eine informative Aufklärung und Kontakte für Hilfesuchende.
ZWANGSHEIRAT, KINDERHEIRAT ODER ARRANGIERTE HEIRAT?
Eine Zwangsheirat ist eine Ehe, in der eine oder beide der Betroffenen ohne ihre Zustimmung oder gegen ihren Willen verheiratet werden. Eine Ehe kann auch dann zu einer Zwangsehe werden, wenn beide Parteien sie mit vollem Einverständnis eingehen, aber eine oder beide Personen später gezwungen werden, gegen ihren Willen in der Ehe zu bleiben. Die Zwangsheirat fällt durch die Menschenrechtsverletzungen unter das Verbrechen des Menschenhandels. Häufig wird eine Reihe von Zwangsmaßnahmen angewandt, um eine Hochzeit zu erzwingen, die von körperlicher Gewalt bis hin zu subtilen psychologischen und finanziellen Druckmitteln reichen.
Eine andere Form der Zwangsheirat ist die Kinderheirat, wo zumindest eine beteiligte Person noch minderjährig ist. Laut ECPAT sind besonders Kinder von einer Zwangsheirat gefährdet. Fast immer sind es Frauen und Mädchen unter 18 Jahren, die verheiratet werden. Täglich werden über 39.000 von ihnen gezwungen, vor den Altar zu treten.
Eine Zwangsheirat unterscheidet sich außerdem von einer arrangierten Ehe. Bei einer arrangierten Hochzeit geht man davon aus, dass beide Parteien damit einverstanden sind, dass ihre Eltern oder ein anderer Vermittler, sie bei der Suche und Auswahl eines Ehepartners unterstützt. Die Grenze zwischen einer Zwangsehe und einer arrangierten Hochzeit ist oft nicht klar zu erkennen und kommt auch oft in Kombination vor.
DAS PROBLEM DER ZWANGSHEIRAT
Eine Zwangsheirat ist als eine Form der Gewalt zu betrachten, da sie oft in Kombination mit anderen strafrechtlichen Delikten einher geht.
Eine Heirat gegen den Willen der Person ist eine Nötigung. Opfer werden dazu genötigt jemanden zu heiraten den sie oft nicht kennen. Oft geht eine Zwangsheirat auch mit einer Verschleppung einher und stellt eine Freiheitsberaubung dar. In Österreich zum Beispiel, findet eine Zwangsehe oft in den Herkunftsländern der Opfer statt. Mitunter, werden vor allem junge Mädchen ins Ausland verschleppt und dort verheiratet ehe sich nach Österreich zurückkehren können. Die Opfer von Zwangsheirat müssen meist auch unter sexualisierter Gewalt leiden. Wenn sich die Betroffenen gegen Geschlechtsverkehr weigern, folgt in den schlimmsten Fällen eine Vergewaltigung. Situationen wie diese führen bei den Opfern oft zu Traumatisierungen. Im Prozess vor und während der erzwungenen Eheschließung sind die Betroffenen auch meist körperlicher Gewalt ausgesetzt. Dies kann als Druckmittel vor der Heirat eingesetzt werden, aber auch durch die Ehe selbst erfahren Opfer oft physische Verletzungen durch ihre Partner.
Die Folgen einer Zwangsheirat sind für die Betroffenen meist verheerend. Aufgrund der sexuellen und psychischen Gewalt kann sich eine solche Ehe gefährlich auf die Gesundheit auswirken. Eine Frühschwangerschaft, Depression, Suizidgedanken und körperliche Verletzungen sind nur einige der Konsequenzen. Außerdem wird das Opfer nicht nur in der persönlichen Freiheit, sondern auch stark in ihrer Lebens- und Bildungsperspektive eingeschränkt.
WO GIBT ES KINDER- UND ZWANGSHEIRAT?
Die Mehrzahl der Opfer die vor ihrem 18. Geburtstag eine Ehe schließen, leben in Südasien und in Afrika südlich der Sahara. Fast die Hälfte aller Frauen werden dort oft früh verheiratet. Laut Plan International heiraten zum Beispiel in Niger 76% der Frauen vor ihrem 18. Geburtstag, 28% sogar vor ihrem 15. Geburtstag. Zwangsverheiratungen finden jedoch überall auf der Welt statt. Häufig passiert es jedoch in Ländern, in denen Kinder und Frauen ohnehin schon in Bezug auf ihre Rechte leiden.
Doch auch in Österreich gibt es jährlich etwa 200 Fälle. Allein 2020 meldeten sich 123 Hilfesuchende bei der Organisation Orientpress, ganze 23 davon waren minderjährig. Doch die Beratungsstelle nimmt an, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegen könnte.
Wenn du dich in solch einer Situation befindest oder jemanden kennst der Hilfe benötigt, kannst du bei folgenden Kontakten um Hilfe bitten:
Verein Orient Express
Bundesweite Koordinationsstelle gegen Verschleppung und Zwangsheirat
Telefon: 01/728 97 25
Mail: office@orientexpress-wien.com
Interventionsstellen / Gewaltschutzzentren in allen Bundesländern
Frauenhelpline gegen Gewalt
Telefon: 0800 222 555
Anlaufstelle für betroffene Burschen und Männer