Eingebettet im Zentrum Lateinamerikas, nimmt Paraguay eine zentrale Rolle als Ursprungs- und Transitland für Menschenhandel ein. Dass die Wirtschaft in den letzten Jahren deutlich angezogen hat, davon profitieren bei weitem nicht alle Teile der Bevölkerung. Immer noch leben tausende Menschen in extremer Armut. Vor allem im ländlichen Raum mangelt es an Perspektiven. Riesige Sojaplantagen im Monokulturstil bescheren dem Land üppige Exportgewinne. Trotzdem sind Familien mit dem Problem konfrontiert, ihre Kinder nicht ernähren zu können.
DIE SCHWÄCHSTEN DER GESELLSCHAFT ALS ZIELSCHEIBE
Mitglieder der indigenen Bevölkerung sind besonders stark gefährdet, in den Kreislauf des Menschenhandels zu geraten. Kinder, die aus ärmlichen Gegenden stammen, werden besonders häufig entführt. Die Opfer – ob minderjährig oder erwachsen – werden über Landesgrenzen hinweg verkauft, um Zwangsarbeit oder sexuelle Dienste zu leisten. Zu den Zielländern gehören vor allem Brasilien, Bolivien und Chile. Es ist allerdings nicht unüblich, dass Betroffene auch über weitere Distanzen transportiert werden und in Frankreich, Italien, Südkorea oder Japan landen.
60 bis 70 Prozent der von Menschenhandel Betroffenen in Paraguay sind minderjährig. Einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zufolge waren 45.000 Mädchen, die in den vergangenen zehn Jahren sexuell ausgebeutet wurden, nicht einmal 13 Jahre alt. Experten begegnen dieser Zahl mit Skepsis und schätzen die Dunkelziffer doppelt bis dreimal so hoch ein.
FALSCHE VERSPRECHUNGEN ALS LOCKMITTEL
Wie in vielen anderen Ländern werden auch Mädchen und junge Frauen aus Paraguay mit dem Versprechen einer besseren Zukunft gelockt. Ein lukrativer Job wird in Aussicht gestellt – damit hoffen die Betroffenen, ihre Familien finanziell unterstützen zu können und für sich selbst den Grundstein für ein stabiles Dasein zu legen.
Die Realität trifft sie dann mit voller Härte. Am Zielort nimmt man ihnen den Pass ab, sperrt sie weg und versklavt sie. Viele von ihnen werden gezwungen, sich zu prostituieren und müssen in Sweatshops als Näherinnen arbeiten. Manche Mädchen versuchen zu flüchten. Gelingen tut das aber nur wenigen.
FEHLENDE PRÄVENTIONSARBEIT UND KORRUPTION ALS PROBLEM
Paraguays Politiker schenken diesem Problem wenig Beachtung. Sind Menschen in den oberen Ebenen der Machthierarchie in Menschenhandel verstrickt, laufen Ermittlungen üblicherweise ins Leere. Minderjährige können ohne Dokumente Staatsgrenzen überqueren, ohne dass ein Beamter interveniert. Betroffene, die sich aus der Zwangsarbeit oder Prostitution befreien können, wenden sich so gut wie nie an die Justiz. Sie wissen, dass einfache Leute davon keine Hilfe erwarten können.
Das alles weist auf die Existenz ausgeprägter, mächtiger Netzwerke hin, die von Korruption geprägt sind und denen es gleichgültig ist, dass Menschen unter ihren Machenschaften leiden. Hinzu kommt, dass es keine Zufluchtsorte für die Opfer gibt und die Politik scheinbar kein Interesse daran hat, die Armut im Land effektiv zu bekämpfen.
NUR EIN EINZIGES SCHUTZHAUS IN PARAGUAY
Landesweit existiert lediglich ein einziges Schutzhaus nahe Asunción, das seit 2015 besteht und vom Frauenorden Nuestra Señora de la Caridad del Buen Pastor unterstützt wird. Finanzielle Hilfe erhält die Herberge vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.
Ordensschwestern, Sozialarbeiter, Erzieher und Psychologen versuchen dort, Opfern von Menschenhandel und Prostitution im Umgang mit ihrer Vergangenheit zu helfen. Sie bieten unterschiedliche Kurse an, um ihnen Fähigkeiten zu vermitteln, die ihnen den Wiedereinstieg in die Gesellschaft erleichtern. Besonders wichtig ist aber, das Vertrauen der Betroffenen zu gewinnen und ihnen ihr Selbstwertgefühl zurückzugeben.