Mythen rund um die Prostitution

In unserer Gesellschaft sind Mythen rund um Prostitution weit verbreitet und fest verankert. Betroffene von Prostitution sehen sich dadurch abermals mit Vorurteilen und Voreingenommenheiten konfrontiert. Verstärkt werden diese falschen Annahmen durch mangelnde Aufklärung und einer verzerrten Darstellung von Pornografie durch die Medien. Dass medial vermittelte Inhalte und die daraus entwickelten Vorstellungen über die Pornografiebranche oftmals nicht die Lebensrealität von Betroffenen der Prostitution widerspiegeln und das Bild der Prostitution verfälscht, ist vielen nicht bewusst. Um ein wenig Licht in das Dunkel zu bringen, durchleuchten wir die hartnäckigsten Mythen rund um Prostitution.

MYTHOS 1: PROSTITUTION IST DAS ÄLTESTE GEWERBE DER WELT

Die irrtümliche Annahme, dass Prostitution ein fester Bestandteil in unserer Geschichte und Kultur sei, wird schon seit Jahrzehnten in den verschiedensten Gesellschaften für wahr gehalten. Doch das stimmt nicht. Die Entstehung der Prostitution ist auf die Zeit zurückzuführen, als Männer die dominante Stellung in der Gesellschaft eingenommen hatten. Die Prostitution ist mit dem Patriarchat aufgekommen und durch die Sklaverei, welche von Ausbeutung, Unterdrückung und menschlicher Unfreiheit geprägt ist, gefördert worden. Doch damals, wie auch heute, ist Prostitution keineswegs in jeder Gesellschaft zu finden. Abhängig davon, welche Rechte und Stellung eine Frau in einem Land hat, ist Prostitution stark oder weniger stark vertreten.

MYTHOS 2: PROSTITUIERTE VERDIENEN EINE MENGE GELD

Wer glaubt, mit Prostitution könnte man reich werden, der wird nun mit der Realität von Prostituierten konfrontiert. Während Zuhälter und Bordellbetreiber sich mit ihrem Einkommen ein gemütliches Leben sichern können, fallen die Einnahmen von Prostituierten nämlich deutlich geringer aus. Zudem müssen Anteile des eingenommenen Geldes an den Zuhälter abgegeben werden. Aber auch die Miete der genutzten Räume in den Bordellen muss mit dem Gehalt abbezahlt werden. Das übrige Geld wird meistens zur Deckung der Grundbedürfnisse ausgegeben, der Familie geschickt oder für den Kauf von Suchtmitteln aufgebraucht.

MYTHOS 3: OHNE PROSTITUTION WÜRDE DIE ZAHL AN VERGEWALTIGUNGEN STEIGEN

Dass Prostitution und das Patriarchat geschichtlich eng miteinander verbunden sind, ist im Mythos 1 schon aufgedeckt worden. Es ist also wenig verwunderlich, dass die Annahme, mit der Abschaffung von Prostitution würde es zu mehr Vergewaltigungen kommen, weiterhin in unserer Gesellschaft vertreten ist. Dieser Mythos beruht auf sexistischen und problematischen Glaubensansätzen. Damit wird ausgesagt, dass Prostituierte ihren Körper zur Verfügung stellen müssen, damit andere Frauen nicht vergewaltigt und folglich geschützt werden. Nicht nur, dass diese Annahme ungemein erschreckend ist, da suggeriert wird, es sei okay, wenn ein Teil von Frauen sexuell ausgebeutet wird, damit andere keine sexuellen Übergriffe erleiden müssen. Der Glaube basiert auch auf der falschen Annahme, dass Männer einen stärkeren, unkontrollierbaren Sexualtrieb haben und ein Recht haben, diesen auszuleben. Da aber ein Großteil der Freier, wie Studien belegen, in festen Beziehungen sind, ist von keiner sexuellen Not auszugehen. Es ist das Machtverhältnis bzw. die untergeordnete Rolle der Prostituierten, welches Männer zum Freier Dasein verleitet.

Um einer Zukunft ohne Prostitution bzw. sexueller Ausbeutung einen Schritt näher zu kommen, muss vielen Menschen, insbesondere Männern, die Augen für das herrschende Geschlechterverhältnis beim Sexkauf und die Auswirkungen der Prostitution auf die Frauen, geöffnet werden.

MYTHOS 4: PROSTITUTION IST FREIWILLIG

In der Gesellschaft ist weiterhin die Auffassung vertreten, dass Prostituierte aus freien Stücken ihren Beruf ausüben. Die Wahrheit ist aber eine andere. Sich zu prostituieren hat kaum etwas mit Freiwilligkeit zu tun. Denn die Prostitution ist geprägt von der sexuellen Ausbeutung von Frauen. Oftmals sind es nicht nur die Zuhälter, welche die Betroffenen zur Prostitution zwingen. Nicht selten kommt es vor, dass Prostituierte von Mitgliedern aus dem eigenen Familienkreis zu ihrer Arbeit genötigt werden. Vor allem Frauen aus ärmeren Ländern in Osteuropa sind von dieser ausbeuterischen Situation betroffen.

Selbst wenn der Einstieg in die Prostitution „freiwillig“ war, ist für die meisten die Arbeit als Prostituierte keine langfristige Berufswahl, sprich, ein Großteil will wieder aussteigen. Aber auch der Ausstieg hat kaum etwas mit Freiwilligkeit zu tun. Nicht nur, dass die Frauen eine Abhängigkeit von den Zuhältern entwickelt haben. Die Arbeit als Prostituierte geht leider in vielen Fällen mit Drogen- und Alkoholabhängigkeit einher und führt zu starken Traumatisierungen. Zusätzlich dazu ist ihre Zukunftsperspektive durch fehlende Sprachkenntnisse und niedriges Bildungsniveau getrübt.

Wir bei HOPE FOR THE FUTURE sind uns dieser schweren Situation bewusst und unterstützen sowie fördern deshalb Betroffene von Prostitution bei der beruflichen Neuorientierung. Denn jeder hat das Recht, seine berufliche Zukunft selbst und aus freien Stücken zu wählen.