Goldgrube Krieg: Wie die Mafia am Ukraine-Krieg verdient

Für Mafia-Clans in Italien ist der Ukraine-Krieg eine wahre Goldgrube. Sie profitieren unter anderen von illegalem Menschen- und Waffenhandel, Adoptionen und Immobiliengeschäften. Die italienische Regierung glaubt, dass sie das Problem unter Kontrolle bringen kann.

Die Mafia hätte immer schon mit Krisen aller Art Geld verdient, sagt der deutsch-italienische Journalist Sandro Mattioli. Während der Ukraine-Krieg die Welt in Atem hält, findet Italiens organisierte Kriminalität daran eine Vielzahl von lukrativen Gelegenheiten. Federico Cafiero De Raho, Chef der nationalen Anti-Mafia-Behörde, und Nicola Gratteri, Staatsanwalt von Kalabrien, schlagen Alarm. Die Mafia arbeitet wie immer vorausschauend. „Während wir uns noch mit der Gegenwart beschäftigen, arbeiten die Clans bereits an den Geschäften von morgen“, warnt De Raho.

Besonders lukrativ ist der Menschenhandel, bei dem italienische Clans mit der russischen und ukrainischen Mafia kooperieren. Junge Ukrainerinnen, die mit ihren Kindern fliehen, geraten leicht in die Fänge krimineller Organisationen. Diese helfen den Frauen zunächst bei der Flucht, nur um sie später zur Prostitution zu zwingen und ihre Kinder illegal zur Adoption freizugeben. Federico Fossa vom UNHCR berichtet, dass bereits hunderte ukrainische Frauen und Kinder spurlos verschwunden sind. Die NGO „Save the Children“ fordert daher ein Moratorium für Adoptionen in ganz Europa, um diese illegalen Praktiken zu unterbinden.

Ein weiteres ertragreiches Geschäft ist die Unterbringung von Flüchtlingen. Mafiöse Netzwerke, die sich als gemeinnützige Vereine tarnen, beteiligen sich an öffentlichen Ausschreibungen zur Betreuung der Geflüchteten. Auf diese Weise greifen sie auf die von der italienischen Regierung bereitgestellten 428 Millionen Euro und die dreieinhalb Milliarden Euro der EU zu, was das Unterbringungsgeschäft besonders attraktiv macht.

„Für die Mafia sind die Waffen das Gold der Kriege“, sagt De Raho. Waffenhandel war immer schon ein wichtiges wirtschaftliches Standbein der Clans. Je länger der Krieg dauert, desto profitabler wird dieses Geschäft. Im Zuge dieses Geschäfts mit dem Krieg, kann die Mafia auch ihre eigenen Waffenarsenale auffüllen – wie auch damals während des Bosnien-Kriegs (1992–1995). Noch heute werden bei Razzien Restbestände aus diesem Konflikt gefunden.

Mit den Sanktionen gegen russische Oligarchinnen und Oligarchen wächst die Nachfrage nach den Geldwäsche-Diensten der Mafia. Die Clans, die jährlich Milliarden aus dem Drogenhandel waschen, haben große Erfahrung in diesem Bereich. Sie transferieren russische Vermögen gegen großzügige Provisionen in sichere Steuerparadiese oder investieren in Kryptowährungen, die weniger von Sanktionen betroffen sind. Im letzten Jahr flossen 13 Milliarden Euro von Russland nach Italien, wovon fünf Milliarden als verdächtig eingestuft wurden.

Immerhin fühlt sich die Politik für die Probleme zuständig. “Die Regierung ist sich bewusst, dass der bewaffnete Konflikt in der Ukraine den Mafia-Clans gefährliche neue Möglichkeiten für illegale Geschäfte eröffnet”, erklärte die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese kürzlich. “Aber wir sind vorbereitet.” Mit der Verfolgung illegaler Finanzströme und der Bekämpfung von Geldwäsche hat die Regierung durch die jahrzehntelange Bekämpfung der Mafia Erfahrung. Erst vergangene Woche hat Regierungschef Mario Draghi bekanntgegeben, dass der Staat im ersten Monat des Krieges russische Vermögenswerte in Höhe von 800 Millionen Euro beschlagnahmt habe; inzwischen ist daraus laut Medienberichten mehr als eine Milliarde Euro geworden. Wie man konkret gegen den Menschenhandel und die Adoption von gestohlenen ukrainischen Kindern vorgehen will, wurde nicht thematisiert.

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