Das durchwachsene Image der Massenproduktion von Lebensmitteln dürfte sich nach der jüngsten BBC-Reportage über sexuelle Ausbeutung auf kenianischen Teeplantagen nicht verbessert haben. Drei Manager, denen Missbrauch nachgewiesen wurde, wurden entlassen, doch ob sich darüber hinaus etwas ändern wird, bleibt abzuwarten.
Sexuelle Ausbeutung auf Teeplantagen
Das Medienhaus BBC hat im Rahmen einer Reportage aufgedeckt, dass auf Teeplantagen in Kenia sexueller Missbrauch systematisch stattfindet und bis vor Kurzem wenig bis gar nichts dagegen unternommen wurde. Eine Reporterin wurde eingeschleust und erfuhr ebenso sexuelle Belästigungen. Es zeigte sich, dass dabei ein gewisses Muster vorherrscht. Die Vorgesetzten vor Ort nutzen ihre Macht aus um Sex von Frauen zu verlangen, die sich um Jobs auf den Plantagen bewerben. Nicht wenige stehen dabei vor einer schwierigen Entscheidung: Lehnen sie die Aufforderung der Vorgesetzten ab, kann es sein, dass sie härtere oder gar keine Arbeit bekommen, was eine große wirtschaftliche Hürde für sie darstellt. Auf der anderen Seite haben mehr als 70 Arbeiterinnen berichtet, sexuell missbraucht worden zu sein, was eine enorme Belastung für sie darstellt. Viele sahen sich gezwungen, den Erpressungen nachzugeben. Die BBC hat gezeigt, dass den zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Einschulungen auf den Plantagen versichert wird, sexueller Missbrauch habe dort keinen Platz und es gebe Stellen, bei denen man sich bei Bedenken und Beschwerden melden könne. In der Realität waren diese Meldesysteme wirkungslos, die zuständigen Personen, welche etwaige Meldungen und Beschwerden entgegen und ernst nehmen sollten zeigten sich Opfern sexuellen Missbrauchs gegenüber zwar besorgt, ließen aber jegliche Konsequenzen vermissen. Auch das wurde mit versteckter Kamera von der BBC gezeigt und bestätigt.
Wie geht es weiter?
Die Vorfälle generierten ein gewisses mediales Echo, sodass auch der ORF darüber berichtete. Mit der Entlassung der drei Manager ist jedoch keine Gerechtigkeit geschaffen worden, denn hinter der Problematik steckt wesentlich mehr. Dass Frauen auf kenianischen Teeplantagen sexuell missbraucht werden wird sich auch in naher Zukunft leider nicht ändern. Der Teeanbau schafft in Kenia rund 650.000 direkte Arbeitsplätze, die Reportage der BBC dürfte, auch wenn ihre Veröffentlichung richtig und wichtig war, nur einen kleinen Auszug aus der Gesamtsituation darstellen.
Es ist schlicht und ergreifend traurig, dass Menschen, die bereit und zum Teil gezwungen sind hart zu arbeiten (die Arbeit auf den Plantagen ist körperlich sehr belastend, viele berichten bereits in jungen Jahren von starken chronischen Rückenschmerzen) als Konsequenz ihres Tuns Missbrauch und Benachteiligung erfahren. Erschwerend kommt hinzu, dass auf den Plantagen zunehmend mehr maschinell geerntet wird, da diese Methode wirtschaftliche Vorteile für Tee-Konzerne bringt. Das lässt die Anzahl der Arbeitsplätze zurückgehen, was wiederum bedeutet, dass Bewerberinnen und Bewerber in stärkere Konkurrenz zueinander treten und bereit sind, geringere Löhne oder eben unangemessene Forderungen seitens ihrer Vorgesetzten zu akzeptieren. Soll sich wirklich etwas zum Guten ändern, müsste man dafür sorgen, dass die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten, fair entlohnt und demokratisch in diverse Arbeitsprozesse eingebunden werden. Mehr Plantagen, die Teil des FairTrade-Systems wären, würden ebenso ein Schritt in Richtung fairerer Arbeitsbedingungen und Unterbindung von Missbrauch beitragen.
Ein Blick nach Österreich
Ausbeutung und Missbrauch sind Realitäten, die keine Grenzen kennen und auch in Österreich eine Rolle spielen. Zum einen fördert das globale Wirtschaftssystem, wovon der österreichische Markt ein Teil ist, Ungleichheit und Konkurrenz zwischen Menschen, die sich nicht einmal kennen und möglicherweise tausende Kilometer voneinander entfernt wohnen. Der durchschnittliche österreichische Konsument trägt mit seiner Entscheidung, im Supermarkt von Großkonzernen produzierten Tee einzukaufen, dazu bei, dass sich in Kenia Missbrauchsfälle oben beschriebener Art häufen. Es geht dabei nicht darum, dem durchschnittlichen Konsumenten die Schuld für irgendwelche Missstände zu geben. Doch das Bewusstsein dieser Problematik, ist der erste Schritt und einzige mögliche Ausgangspunkt, um Missstände zu beseitigen. Erst wenn sich viele Menschen der Art und Weise bewusst werden, wie ungleich Macht verteilt ist, wie sie zu dubiosen Zwecken missbraucht wird und welche weitreichenden Konsequenzen das eigene Handeln in einer globalisierten Welt hat, kann Veränderung stattfinden und erst dann können auch gemeinsam Lösungen entwickelt werden. Es wäre zu begrüßen, denn die in Kenia beschriebenen Missbrauchsfälle sind kein isoliertes Phänomen, das nur auftritt, wenn die Medien darüber berichten. Machtgefälle und Missbrauch finden täglich und in jedem Land statt. Vergleiche zu ziehen ist unangebracht, doch in Österreich sind es beispielsweise Paket- oder Essenszusteller, die inhumanen Arbeitsbedingungen zustimmen müssen, um ihre Existenz abzusichern. Der Standard berichtete vor Kurzem über Paketzusteller, die bis zu 17 Stunden am Tag arbeiten müssen. Die Erfahrung ist wie gesagt eine Andere und nicht vergleichbar, doch das Prinzip ist das Gleiche wie bei den Missbrauchsfällen in Kenia: Eine Person nützt ihre Macht aus, um sich selbst zu bereichern und nimmt dafür bewusst menschliches Leid in Kauf. Eine Welt, in der keine Machtgefälle existieren ist wohl nicht vorstellbar. Was hingegen sehr wohl vorstellbar ist, ist eine Welt, in der Macht nicht missbraucht wird, im Optimalfall zu guten Zwecken gebraucht wird.
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